IGEL - Inklusion Ganz Einfach Leben

Sascha Lang - Inklusator
Since 04/2021 281 Episoden

Mehr als nur Beschreibung: Kreative Audiodeskription im Theater

Interview mit Meret König von der Company Sticky Fragments

07.08.2025 29 min

Zusammenfassung & Show Notes

In dieser Episode dreht sich alles um kreative Audiodeskription, Physical Theatre und Inklusion auf der Bühne.
🎙️ Gastgeber Sascha Lang spricht mit Meret König, Mitgründerin der Sticky Fragments Company, über ihr inklusives Theaterprojekt „Power Strangers“.
Highlights der Episode:
  • 🎭 Kreative Audiodeskription: Wie sie funktioniert – und wie sie zum integralen Teil des Theaterstücks wird.
  • 🤸 Physical Theatre erklärt: Warum Bewegung und Körperbewusstsein im Zentrum stehen.
  • 🔊 Inklusive Produktionen von Anfang an gedacht – mit Sabine Kuckstorf als Access-Dramaturgin.
  • 🏭 Power Strangers: Eine Performance über Grenzorte, Wandel und das Dazwischen – mit Premiere in der Zeche Zollverein, Essen.
  • 🚶‍♂️Kreativer Begleitservice: Schon der Weg zum Aufführungsort wird Teil des Erlebnisses.
  • 🌍 Multisensorisches Theater für blinde, sehbehinderte & sehende Menschen.
  • 🎤 Technische Herausforderungen in Hallen mit Kathedralenklang – und wie das Team damit umgeht.
  • 🧠 Liminalität als Konzept: Zwischenzeit, Zwischenräume und Zwischenwelten – atmosphärisch, poetisch, partizipativ.
  • 🔗 Termine:
    📍 Premiere am 5. September 2025, Zeche Zollverein, Essen
    📍 Weitere Vorstellungen am 6. Sept. (Essen), 17. & 18. Okt. (Depot Dortmund)
📌 Alle Links, Termine & Infos zur barrierefreien Anreise hier
Website Zeche Zollverein zur Veranstaltung: https://www.zollverein.de/kalender/sticky-fragments-powerstrangers
 
Instagram Company (gerne verlinken etc.): @stickyfragments
 
 
Links zum IGEL Podcast
Podcast „IGEL – Inklusion Ganz Einfach Leben“
 
 
Socialmedia:

Transkript

Speaker0
00:00:02
Ich bin völlig blind. Manchmal habe ich das Gefühl, meine Tage und Nächte sind auf den Kopf gestellt, weil ich Schwierigkeiten habe, nachts zu schlafen und tagsüber wach zu bleiben. Ich leide unter 924, einer seltenen Schlaf-Wach-Rhythmusstörung, die viele völlig blinde Menschen betrifft. Möchtest du mehr über diese Erkrankung in Verbindung mit völliger Erblindung erfahren? Rufe kostenfrei an unter 0800 24 24 008.
Music
00:00:36
Speaker0
00:00:40
Igel – Inklusion, ganz einfach leben. Der Podcast für gelebte Inklusion. Igel – Inklusion Mit eurem Inklusator, Sascha Lang.
Speaker1
00:01:04
Regel Inklusion, ganz einfach leben. Herzlich willkommen. Das ist die Episode Nummer 277. Mein Name ist Sascha Lang, ich bin euer Inklusator und jetzt wird es etwas künstlerisch. Sticky Fragments Company ist jetzt bei uns zu Gast, vertreten durch Merit König und wir sprechen über Power Strangers. Ein Theaterstück, was aus seiner Perspektive ganz spannend ist. Es wird nämlich mit kreativer Audiodescription versehen. Und was dann auch Physical Theater ist, alles das in dieser Ausgabe. Ich wünsche gute Unterhaltung.
Music
00:01:44
Speaker1
00:02:19
Igel Inklusion, ganz einfach eben der Podcast für gelebte Inklusion. Und Inklusion soll, darf und kann über Kunst vermittelt werden, über Kultur und über Kunst. Und wir sprechen jetzt mit der Company Sticky Fragments. Bei mir zu Gast ist Merit König. Herzlich willkommen, liebe Merit.
Speaker0
00:02:41
Hallo, schön, dass ich hier sein kann.
Speaker1
00:02:44
Irgendwann plumpste in mein E-Mail-Postfach eine Mail herein über eine Performance, die nennt sich Power Strangers. Bevor wir aber zu Power Strangers kommen, was das alles heißt und auf welche Sprache eure Performances stattfinden, wer ist denn eigentlich die Merit König?
Speaker0
00:03:01
Hallo, ich bin Merit König, ich bin 24 Jahre alt, ich bin weiß, sehend und benutze alle Pronomen. und ich bin Physical Theater Artist, Mover und Theaterschaffend tätig. Und ich habe zusammen mit Valentin Schwertweger und Charlie Wisch 2023 die Company Sticky Fragments gegründet. Ihr drei, wir kennen uns aus unserem gemeinsamen Physical Theater Studium. In Essen haben wir das studiert und auch schon während dem Studium haben wir angefangen, zusammen zu arbeiten und zusammen eigene Theaterstücke zu kreieren, und in denen auch zu spielen. Ja, und dann haben wir uns, als es dann auf unseren Abschluss zuging, überlegt, wir könnten das ja weitermachen, diese Zusammenarbeit und eine richtige Company gründen und uns versuchen, also diesen Weg in der freien Szene, in der freien Theaterszene zu gehen. Genau, und dann hatten wir 2023 das Glück, dass wir an einen Workshop gegangen sind zum Thema kreative Audiodeskription im Tanzhaus NRW. Der wurde angeleitet von der Tänzerin Fia Nyses und Swazimierz Clark. Und da ging es eben um kreative Audiodeskription. Und dort haben wir dann auch Sabine Kuckstorf kennengelernt, welche seither die Access-Dramaturgin und Expertin im Bereich Zugänglichkeit für blindes und sehbehindertes Publikum bei unserer Company ist. Genau.
Speaker1
00:04:26
Kreative Audiodeskription. Lass uns mal bei diesem Begriff hängenbleiben, bevor wir auch auf das Thema Physical Theater kommen. Aber ich würde gerne bei der kreativen Audiodeskription bleiben. Was bedeutet kreative Audiodescription? Wir hatten schon mal in unserem Podcast ein Interview auch über Tanz-Audiodescription, also Live-Tanzbeschreibungen in Hamburg war das. Aber was ist kreative Audiodescription?
Speaker0
00:04:50
Also unter kreativer Audiodeskription versteht man, dass die Audiodeskription, also die Beschreibungsebene, künstlerisch genutzt wird und ein Teil der Kunstproduktion ist. Ich glaube, das kann man auch gut verstehen im Vergleich zu klassischer Audiodeskription. Klassische Audiodeskription, die gibt es auch manchmal beim Film oder die gibt es auch schon länger im Bereich Oper und Theater. Das ist oft so, dass es eine scheinbar objektive, neutrale Beschreibung des Bühnengeschehens ist. Die ist sehr sachlich, relativ trocken und informativ gehalten. Es gibt die manchmal offen oder nicht offen. Also wenn es eine offene Audiodeskription ist, dann kann das ganze Publikum das hören. Dann läuft das über die Anlage. Wenn es eine geschlossene ist, dann gibt es dafür explizit zum Beispiel mit Kopfhörern. Hören das dann nur Leute, die diesen Kopfhörer eben anhaben. Und die kreative Audiodeskription oder in unserem Fall auch noch die integrierte kreative Audiodeskription, die ist eben im Vergleich dazu viel subjektiver und kreativer genutzt. Also man überlegt sich dann im Prozess, im Schaffensprozess schon von Anfang an schon im Konzept, Wie könnte das Beschreiben oder das zugänglich machen, hörbar machen, vielleicht auch gar nicht nur mit Sprache, sondern auch mit Klang oder sogar über andere Sinneswahrnehmungen eben künstlerisch eingebunden sein in dieses Stück, in diese Szene? Sind es zum Beispiel die Figuren, die sich selbst beschreiben, anstatt dass es jemand von außen macht? Also bei unseren Stücken, dann gibt es keine Person, die außen ist, die die Funktion hat zu beschreiben, sondern die Beschreibungsebene ist eingebunden in die Figurentexte oder in die Dialoge.
Speaker1
00:06:32
Also es gibt keinen Erzähler. Ich hatte mir das jetzt zu Beginn so gedacht, es würde dann jemand da so nebendran stehen, der so, und jetzt geht der König als... XY verkleidet, grünem Pulli, geht auf den Mann im grauen Anzug zu.
Speaker0
00:06:49
Ja, also das ist, glaube ich, immer von Stück zu Stück unterschiedlich, was für das Konzept Sinn macht. Also wenn zum Beispiel hatten wir eine Arbeit zusammen gemacht, da gab es ein Orakel. Das war eine alte Mikrowelle, die hat als Orakel zu den Figuren und zum Publikum gesprochen. Und dieses Orakel hat dann auch in der Funktion des Orakels viele Beschreibungen übernommen. Also hat zum Beispiel als Orakel Szenen angeleitet, zu den Figuren gesagt, macht jetzt das, nehmt jetzt dieses und dieses Objekt und macht damit das. Und das war dann sicher auch gedoppelt gleichzeitig. Also als Funktion war das auch eine Beschreibung. Aber es hatte eben nicht nur die Funktion, eine Beschreibung zu sein, sondern es hatte auch eine Funktion im Stück, eine narrative Funktion. Und wir versuchen dann auch immer die Sprache, also zum Beispiel sind das ganz, ganz kurze Sätze oder ist das eine ganz poetische Form, eben anzupassen an die jeweilige Szene, dass das mit der Atmosphäre des Stücks, mit dem Narrativ, mit den Figuren, sich eben künstlerisch anbindet, dass es nicht einfach rausbricht, sondern dass es im Endeffekt ein Teil der gesamten Kunstproduktion ist, wie alle anderen Aspekte eben auch. Wenn man sich überlegt, welches Kostüm ist passend, sich auch zu überlegen, wie würde diese Figur vielleicht etwas beschreiben oder genau, wie kann man das richtig integrieren.
Speaker1
00:08:07
Sehr spannend. Du hast am Anfang gesagt, Physical Theater ist ein bisschen mehr. Warum bestätigt man das nochmal, dass das physical ist? Was gibt es denn sonst noch für Möglichkeiten?
Speaker0
00:08:17
Ja, das stimmt. Ich glaube, es geht da nicht so sehr um diesen Aspekt des Anfassbaren, Physikalischen, sondern wir sind eben, also das physical vierter Studium, das hieß bis vor 15 Jahren noch Pantomime. Das kommt auch aus der Tradition von Techniken wie Pantomime und Klauen, Maskentheater, Er ist aber mittlerweile ein Studiengang geworden, der seinen Hauptfokus auf Devising, also Stückentwicklung, legt. Und da werden eben Menschen ausgebildet, die in der Lage am Schluss sind, Theater, also nicht nur als SchauspielerInnen auf der Bühne zu stehen und Anweisungen auszuführen, sondern eben auch Konzepte zu erdenken und Theaterprojekte von A bis Z umzusetzen und Fantasien zu entwickeln im Bereich Bühne, Kostüm. Ja, und Physical vielleicht auch dadurch, dass wir in unserem Studium auch nochmal im Vergleich zu zum Beispiel Schauspiel recht viele Körperunterrichte haben. Also wir haben Probatik, Tanz, auch ein bisschen Pantomime, Maskenspiel, Körperbewusstsein. Also es gibt einfach diverse Körperangebote, weil bei Physical 4. Auch immer wieder der Körper als Medium so im Zentrum steht. Was kann über den Körper erzählt werden? Wie können Dinge verkörpert werden? Also das ist auch immer so ein wichtiger Prozess bei uns, die Verkörperung von etwas. Was ist, wenn wir Tiere verkörpern, was ist das für eine Körperlichkeit, die kommt, wenn wir Elemente verkörpern, wenn wir uns über den Körper auch an Themen, an Figuren eben annähern, auch über eine groteske oder Überzeichnung. Vielleicht nochmal mehr als bei klassischem Schauspielstudiengang, wo man öfter über die Psychologie geht, wenn man sich vorstellt, was hat diese Figur vielleicht mal erlebt? Was ist deren inneres psychologisches Leben? Und bei uns geht es oft eher über den Körper und die Form.
Speaker1
00:10:13
Du hast gesagt, irgendwann hattet ihr die Idee, bei einem Workshop mitzumachen über kreative Autodescription. Warum die Verbindung dazu? Gab es da einen Anlass, warum euch das auf einmal noch interessiert hat? Oder war das so ein Element, wo ihr gesagt habt, Das könnte ja schön in unsere Performance reinpassen.
Speaker0
00:10:29
Doch, es gab tatsächlich, glaube ich, ja, es gab einen Anlass, weil wir hatten einen Workshop innerhalb von unserem Studium mit Osina Tossi. Und Osina Tossi macht in deren Stücken ja auch schon immer wieder, arbeitet Osina Tossi mit Audiodeskription. Und in dem Workshop ging es um ganz viele Sachen, aber eben auch unter anderem um Audiodeskription. Und ja, ich glaube, was uns besonders auch daran interessiert hat, ist vielleicht auch diese Verbindung von Sprache und Körper auch nochmal. Also es hat uns interessiert, überhaupt auch einfach in den Bereich Zugänglichkeit anfangen zu arbeiten und Expertinnen und unser Team zu holen und unser Wissen und uns da weiterzubilden. Und da sind wir auch, glaube ich, in der ständigen Weiterbildung immer noch. Aber was ich glaube da spannend ist für die Arbeit, gerade bei Physikal 4. Ist, dadurch, dass wir mit dem Körper arbeiten und anders als im Sprechtheater gibt es nicht so viel Text, es gibt keine Stückvorlagen, mit denen man arbeitet, irgendwie ein Stück, was es gibt, von wem auch immer, sondern man schreibt die Sachen selber und dann ist kreative Audiodeskription auch ein total tolles Experimentierfeld, was ist alles möglich in der Verbindung von Sprache und Körper, wie kann man Sprache auf der Bühne mit Körpern verbinden und kreativ eben nutzen. Also das hat uns, glaube ich, auch dann nochmal zusätzlich inspiriert. Aber erstmal ging es auch einfach darum, dass wir uns weiterbilden und Menschen kennenlernen mit anderen Wahrnehmungsperspektiven und ja, uns öffnen, unsere Theaterarbeit öffnen für ein größeres Publikum und eben inklusiver gestalten.
Speaker1
00:12:07
Sehr schön. Wer Osina Tossi kennenlernen möchte, der kann ein bisschen zurück scrollen ins Jahr 2021. Da war Osina Tossi bei uns im Eagle Podcast zu Gast. Das war das, was ich vorhin angesprochen habe. Das, was wir dann damals im Kampnagel, glaube ich, gesehen haben. Das war ein Tanztheaterstück, wo sie die Audiodescription gemacht hat. Da haben wir über Audiodescription beim Tanz gesprochen, was mich sehr fasziniert hat als selber blinde Person. Wie kann man Tanz greifbar machen? Und sie hat das sehr gut gemacht. Das mal kurz am Rande. Aber wir sind jetzt bei Power Strangers. Das ist ein Stück, was ihr demnächst jetzt aufführt. Anfang September die Termine und im Oktober. Die Termine stehen natürlich in unseren Show Notes. Ja, Merit, Power Strangers, what is this?
Speaker0
00:12:50
Also Power Strangers ist ein physikopierter Abend, den wir aktuell gestalten, an dem wir arbeiten, der transdisziplinär, also disziplinübergreifend zwischen digitaler Kunst, bildender Kunst, darstellender Kunst, also Theater, entwickelt wird. Und wo wir auch mit Hilfe von oder mit dem Ansatz von künstlerischer Audiodeskription beziehungsweise Aesthetics of Access, also dem künstlerischen Barriereabbau, diese Produktion zugänglich machen wollen für ein blindes, sehbehindertes und sehendes Publikum gleichermaßen. Und bei Power Strangers geht es um die Orte im Übergang oder beziehungsweise Liminalität, also das Dazwischen, der Grenzbereich im Allgemeinen. Und wir erforschen dieses Thema, dieses Zwischendrin, weil wir glauben, dass da ein Potenzial ist für Begegnung, für neues Denken, über wie wollen wir zusammenleben, wie wollen wir unsere Welt miteinander gestalten. Und Power Strangers wird in einem ehemaligen Industrieort, der Zeche Zollverein in Essen, die Premiere haben. Und dieser Ort fließt auch total ein in unsere Arbeit, weil das ist ja auch genau so ein liminaler Ort, so ein Ort im Übergang, der jetzt seit dem Kohleausstieg kein Industrieort mehr ist, sondern sich langsam verwandelt in etwas Neues. Und gerade in so einem Verwandlungsprozess kann man ja mitgestalten, was soll da sein? Und da wollen wir eben genau ansetzen und das eben gemeinsam und auch gemeinsam mit dem Publikum partizipativ erträumen. Was könnte denn alles an so einem Ort entstehen, der eben jetzt nicht mehr die Funktion hat, Kohle zu fördern, sondern der könnte jetzt alles Mögliche werden. Eben ein Kulturort, ein Begegnungsort, ein Ort der Gemeinschaft, ein Ort, wo sich unterschiedlichste Menschen aufhalten können. Genau, das sind so die Themen, die bei Power Strangers uns interessieren.
Speaker1
00:14:44
Das Stück, hast du gesagt, ihr habt nicht so viel Text als Grundlage, sondern ihr schreibt das Stück sozusagen, könnte man da sagen, dass es am Ort geschrieben wird oder wie entsteht euer Stück jetzt gerade für diesen Ort? Ihr seid ja im Oktober nochmal woanders, aber wie entsteht das Stück? Ändert das sich von da, wo ihr jetzt am 5. oder 6. September eure Premiere feiert, zu dem anderen Ort oder ist es trotzdem dasselbe Stück, wird nur angepasst? Wie kann ich mir das vorstellen?
Speaker0
00:15:13
Ja, also man könnte schon voll, also man könnte auf jeden Fall sagen, wir schreiben das Stück auch am Ort. Wir versuchen auch, nicht nur in irgendwelchen Probebühnen zu sein, sondern wir sind auch mit dem ganzen Team schon an zwei Tagen über diese ganze Zeche, über das ganze Areal gemeinsam spaziert und haben an verschiedenen Stationen kleine Tasks, kleine Aufgaben gemacht. Also zum Beispiel dass man nach einem Fundstück sucht und sich eine kleine Geschichte ausdenkt. Was könnte hier gewesen sein oder was könnte in diesem Fundstück drinstecken? Wir haben die Materialien, die dort vorkommen, auf ihrer Klanglichkeit untersucht. Also diese ganzen Stahlrohre und Backsteinwände, die diesen Ort auszeichnen. Und genau, also es wird auf jeden Fall, wir erarbeiten gerade dieses Stück halt im Fokus auf unsere Premiere auf Zechel Zollverein. Und der zweite Spielort in Dortmund, das ist ein Depot, also ein ehemaliges, ich glaube Straßenbahn-Depot, wenn ich mich nicht irre. Und ich denke mal, wir werden viele Teile des Stücks auch übernehmen, weil wir auch nicht die Zeit haben, nochmal was ganz Neues zu entwickeln. Aber es soll auf jeden Fall trotzdem, das Stück soll sich auf jeden Fall oder wird sich auf diesem zweiten Ort dann irgendwie anpassen. Also dass die Geschichte des Ortes, was da vielleicht mal passiert ist, trotzdem auch mit einfließt. Weil diese ganzen Geschichten sind ja in diese Orte auch eingeschrieben. Also dass da auch so viel gearbeitet wurde, dass da auch aber Schwermetalle jetzt im Boden sind. Oder dass zum Beispiel diese beiden Orte sind sehr hallig, weil das eben Industriehallen waren. Das fließt ja eh auch in das Stück ein. Das wird man hören, das wird man spüren, das wird man auch riechen. Und genau, so wollen wir auch diese Geschichten nochmal ein bisschen herauskramen oder das eben einfließen lassen in das Stück. Aber es wird schon ein Stück entstehen, was dann an beiden Orten ähnlich ist. Wir machen kein zweites Stück mehr.
Speaker1
00:17:11
Es gibt die kreative Audiodescription, die haben wir bereits angesprochen. Und es gibt auch eine kreative Führung zu dem Auftrittsort, wenn ich das richtig verstanden habe.
Speaker0
00:17:22
Genau, also wir wollten auch schon in den vergangenen Arbeiten, haben wir immer angeboten, dass es einen Begleitservice gibt von der nächsten Haltestelle von Straßenbahn oder Bus hin zum Spielort. Und bei dieser Produktion, jetzt bei Power Strangers, haben wir uns eben nochmal gefragt, okay, wie könnte man auch diesen Moment, diesen Teil des Stücks irgendwie künstlerisch nochmal mehr anbinden. Dass es eben nicht einfach irgendwas ist, was on top dazukommt, sondern dass es auch schon Teil von dieser ganzen Arbeit ist. Und da das ja auch ein Gang sein wird, also jetzt bei der Zeche Zollverein, läuft man dann auch schon über dieses Gelände, man läuft an Schienen entlang, man kommt an alten Elementen, riesigen Stahlrädern vorbei. Und ja, da wollen wir auf jeden Fall auch schon anfangen, dass wir sprachlich zum Beispiel mit Beschreibung oder mit Klang, dass wir diesen Begleitservice gestalten, also dass vielleicht auch die Figuren die später im Stück vorkommen, schon mal auftauchen, mal irgendwie in der Wiese stehen oder einem schon mal etwas sagen oder ein kleines Fragment von der Geschichte zuflüstern. Genau, also damit dieser Abholung der Gleitservice, der erstmal eine Funktion hat, des Barriereabbaus, auch eine künstlerische Funktion hat in dem ganzen Projekt.
Speaker1
00:18:43
Ihr erarbeitet das, du hast ganz am Anfang gesagt, du bist sehend, deine zwei anderen Kolleginnen sind auch sehend, ihr arbeitet das ja nicht alleine, ihr habt euch da Expertise an Land gezogen, wie entsteht sowas?
Speaker0
00:18:57
Ja, auf jeden Fall. Das möchten wir nicht und können wir ja auch nicht ohne Unterstützung oder Mitarbeit von Menschen mit anderen Perspektiven erarbeiten. Und wir haben jetzt total das Glück, dass Sabine jetzt schon zum vierten Mal dabei ist. Das ist echt toll, dass wir da jemanden befinden, der so Teil dieser Company geworden ist. Wir haben zusätzlich auch noch Annika Jacobs im Team. Sie arbeitet aktuell noch am Theater der Jungen Welt in Leipzig und kommt auch immer mal wieder so als noch zusätzliche Person, die noch feedbacken kann, noch dazu. Und genau, also wir versuchen immer, alle unsere KollaborateurInnen, also auch im Bereich Kostüm oder Bühnenbild, Musik, möglichst früh mit in den Prozess hineinzuholen. Also wir hatten schon im Februar eine Konzeptionswoche, wo wir uns einfach mit allen, wir nennen das Gewerke, so wie in einem großen Theaterhaus, wo wir uns mit den ganzen Gewerken an den großen Tisch gesetzt haben und einfach angefangen haben zu sprechen. Was ist das für ein Projekt? Und was kommen uns da für Ideen? Was ist uns wichtig? Worauf wollen wir achten? Worauf haben wir total Lust? Was treibt uns um? Und dann ist es so, dass Sabine eigentlich so gut wie die ganze Probenzeit mit dabei ist und dass wir eben nicht nur was Fertiges produzieren und dann ihr zeigen und sagen, so, was denkst du dazu, funktioniert das, funktioniert das nicht, sondern dass wir eigentlich schon in dem gesamten Entstehungsprozess Termine immer dabei haben und auch gemeinsam auch mal improvisieren oder uns gemeinsam Tasks überlegen, dass wir schon von, ja, dass wir einfach zusammen das erarbeiten im Endeffekt. Also es geht eigentlich darum, das ist unser gemeinsames Projekt und es gibt nicht diese Unterscheidung von, okay, wir machen das jetzt und du kommst dann mit deiner Perspektive in der letzten Probenwoche einmal vorbei. Das wäre für uns, also nicht der Ansatz, wie wir das machen wollen. Und das Tolle daran ist, dass man einfach auch schon direkt Fantasien entwickelt. Wie könnte eben, wie könnte das Stück multisensorischer werden zum Beispiel? Wie könnte man innerhalb einer Szene mehrere Sinne gleichzeitig ansprechen? Wie kann man eben Beschreibungen, Kostümbeschreibungen zum Beispiel direkt in einen Figurentext integrieren? Und dann ist es viel organischer, habe ich das Gefühl, als wenn man das eben nachträglich versucht, noch in etwas fast Fertiges hineinzusetzen.
Speaker1
00:21:18
Große Zusatztechnik braucht man nicht für die Audiodescription, da sie auf der Bühne stattfindet, mit dem Sound, mit der Stimme, mit den Sprechern, mit den Schauspielern integriert ist. Und trotzdem wird, hast du schon angedeutet, es eine Herausforderung werden, die Akustik in den Riesenhallen vernünftig umzusetzen.
Speaker0
00:21:36
Ja, auf jeden Fall. Das ist uns jetzt im Verlauf des Prozesses, sind wir da, genau, stehen wir vor diesem tollen, tollen, riesigen Raum. Und es ist so ein bisschen, also es ist eine Herausforderung, aber es ist auch eine totale Chance, weil dieser Raum wirklich eine ganz einzigartige Akustik hat. Also der klingt wirklich wie eine sehr große Kathedrale. und das meinte Sabine, wir nennen sie mal Biene, und sie sich selbst auch, hat auch schon gesagt, dass das Tolle ist, dass eben der Raum sich auch selbst beschreibt quasi, also seine Größe und seine Materialität wird ja quasi durch diese Sound, diese Art des Soundes auch direkt immer wieder mit beschrieben. Und ja, das Herausfordernde in dem Sinne wird einfach sein, dass die Verständlichkeit trotzdem garantiert ist, dass es einfach nicht nach ein paar Minuten anstrengend wird, weil man die ganzen Worte, das gesprochene Wort halt nicht mehr versteht. Genau, aber wir arbeiten zusammen mit dem digitalen Co-Produktionslabor in Dortmund. Das ist ein Kooperationspartner für dieses Projekt, die sich darauf spezialisieren, KünstlerInnen und Theatergruppen im Prozess zu unterstützen mit Know-how, mit Software und Hardware. Und mit denen zusammen werden wir auch diesen Ort nochmal begehen und uns eben überlegen, was ist ein schlüssiges Soundsetup für so einen Raum. Müsste man zum Beispiel die Lautsprecher viel näher ranholen als Publikum, könnte eine Lösung sein. Oder schaut man, in welche Richtung kommt der Sound, eher von vorne oder von hinten. Also das haben wir da zum Glück auch Menschen mit Expertise mit dabei, die uns da helfen, dass der Sound möglichst konzentriert, dass es eben nicht komplett wegfliegt in diesem Raum.
Speaker1
00:23:16
Um was geht es in der Story?
Speaker0
00:23:19
Das finden wir gerade raus. Also im Großen und Ganzen geht es eben um diese Liminalität. Und was ist das genau? Was ist dieses Gefühl, vielleicht auch vom Dazwischensein? Wir haben so ein bisschen rausgefunden bisher im Prozess, dass Liminalität auch ein Gefühl ist von irgendwie aus der Zeit gefallen, aus der Welt gefallen. Also für mich zum Beispiel persönlich ist es immer ein liminaler Moment, wenn ich nach Hause komme und das Licht noch nicht angemacht habe und dann in meiner Wohnung stehe, aber sie ist irgendwie anders, weil sie es irgendwie gerade ganz dunkel und schattig und es ist noch ein Übergangsmoment zwischen draußen und drinnen und zwischen meinem Alltag draußen vielleicht irgendwie der stressigen Nachhausefahrt und, keine Ahnung, dem Abendessen kochen, was dann zu Hause auf mich wartet. Und ja, dieses Gefühl oder dieser Zustand vom Dazwischen, den wollen wir eben erforschen. Und wir haben auch schon herausgefunden im Team, dass manche Menschen das total tröstend empfinden, So Zustände oder so Orte, zum Beispiel auch nächtliche Bahnhöfe oder Hotelzimmer sind auch irgendwie ganz liminal und andere Menschen eher so ein bisschen als gruselig oder auch unbehaglich. Genau, und es wird verschiedene Figuren geben, die auftreten, die irgendwie selber auch Verkörperung des Liminalen sind. Wir werden Fundstücke dieser Orte irgendwie untersuchen, vielleicht Geschichten erzählen, die dazu passen, Geschichten, in denen die Zeiten aber irgendwie verschwimmen von was war, was ist und was wird vielleicht werden, was könnte gewesen sein. Und in diesem Zustand, dieser Zwischenzeit, dieses Dazwischenseins wird so eine fantastische Welt zum Leben erwecken von Kreaturen, liminalen Kreaturen, liminalen Geschichten und diesem Dazwischensein. Und dann wollen wir das Publikum einladen, sich eben zu beteiligen an diesen Fragen. Was könnten wir gewesen sein? Wer wollen wir gewesen sein? Wie wollen wir auch mit diesen Orten umgehen? Wie wollen wir miteinander umgehen? Wie können wir Orte der Gemeinschaft finden in unserer entfremdeten und einsamen und bedrohlichen Zeit, auch Zeit der Krisen. Und ja, das ist so die Geschichte, würde ich sagen.
Speaker1
00:25:38
Wir sind auch noch im Probenprozess,
Speaker0
00:25:42
Also wir arbeiten ja auch noch genau daran. Gib uns nochmal ein paar Fakten.
Speaker1
00:25:47
Wann ist Premiere, wo tretet ihr auf und wie geht es danach weiter?
Speaker0
00:25:52
Yes, also die Premiere ist am 5. September im Letzliche Zollverein in Essen. Es gibt davor eine öffentliche Generalprobe am 4. September und noch eine zweite Vorstellung am 6. September. Die Vorstellungen starten um 18.30 Uhr mit dem gemeinsamen Treffpunkt, entweder je nach Anreise an der Haltestelle von der Straßenbahn 107 oder am Parkplatz. Und dann gibt es noch zwei weitere Vorstellungen am 17. Oktober und am 18. Oktober im Theater im Depot in Dortmund. Genau, das sind so die Hard Facts vielleicht noch. Das Stück ist in deutscher Lautsprache mit integrierter kreativer Audiodeskription. Es wird so circa 90 Minuten dauern ohne Pause. Es wird Sitzplätze geben.
Speaker1
00:26:39
Ein barrierefreies WC habe ich auch gelesen für Rollstuhlfahrer,
Speaker0
00:26:42
Die da Interesse haben.
Speaker1
00:26:43
Sehr spannend, dass das da auch aufgeführt wird. Ich würde einfach mal vorschlagen, dass alle weiteren Informationen auf euren Kanälen, digitalen Kanälen zu finden sind und wir natürlich diese in unseren Shownotes integrieren und ihr da alle Links habt zum Anklicken und nochmal ein paar Informationen zu den Zeiten zum Auftritt. Wir würden uns freuen, liebe Zuhörer, wenn ihr bei Stick with Infragedments Company vorbeischauen würdet beim Theaterstück Power Strangers. Und dieses Team mit ihrer kreativen Audiodescription und alledem, was sie für barrierefrei tun, unterstützen würden. Da würden wir uns sehr freuen. Und vielleicht kriegen wir ja nach dem 6. September oder dem 18. Oktober ein bisschen Feedback von Hörern und Hörerinnen, die dort mit dabei waren. Dir, liebe Merit und deinem Team, viel Erfolg und danke für das Kontaktieren und natürlich auch danke fürs Projekt.
Speaker0
00:27:38
Vielen Dank. Ja, wir würden uns sehr freuen, alles auch an Feedback zu hören und ins Gespräch zu kommen und Begegnungen zu haben mit allen möglichen Menschen.
Speaker1
00:27:47
Das war der Podcast IGL Inklusion ganz einfach leben mit eurem Inklusator Sascha Lang.
Music
00:27:53
Speaker0
00:28:00
Igel. Inklusion. Ganz einfach leben. Wird dir präsentiert von Inklusator. Infos zum Inklusator und weitere Folgen findest du unter www.igelmedia.com.
Music
00:28:18
Speaker0
00:28:22
Du möchtest uns kontaktieren? Dann schreibe uns eine Mail an moin.igelmedia.com.
Music
00:28:28