IGEL - Inklusion Ganz Einfach Leben

Sascha Lang - Inklusator
Since 04/2021 260 Episoden

Brauch es ein Umdenken in der Arbeitgeberschaft - oder warum bleiben Menschen mit Behinderung immer noch außenvor trotz Fachkräftemangel?

Ein Gespräch mit Martin Schmidt und Nadine Schönwald

04.05.2025 71 min

Zusammenfassung & Show Notes

Was läuft schief auf dem ersten Arbeitsmarkt, wenn es um die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung geht – und was funktioniert bereits gut? In dieser Episode diskutieren wir strukturelle Hürden, Chancen, Vorurteile, Kommunikation und Mut – mit zwei engagierten Gästen, die aus Unternehmenspraxis und eigener Erfahrung berichten.
Unsere Gäste:
👩‍💼 Nadine Schönwald
– Head of Sales Support bei der Adecco Group
– Vorstandsmitglied im UnternehmensForum
– selbst schwerbehindert, engagiert sich öffentlich für Inklusion und Gleichstellung auf LinkedIn
👨‍💼 Martin Schmid
– Senior Projektmanager bei der KfW Bankengruppe
– Mitinitiator eines Projekts zur Steigerung der Schwerbehindertenquote in der KfW
Hinweis: Martin Schmid spricht in dieser Episode aus seiner persönlichen Perspektive – seine Aussagen spiegeln nicht zwingend die offizielle Haltung der KfW Bankengruppe wider.
Was euch erwartet:
✅ Warum 47.000 Unternehmen in Deutschland eine Schwerbehindertenquote von 0 % haben
 ✅ Wie Unternehmen Inklusion strategisch und authentisch umsetzen können
✅ Warum Empowerment von Menschen mit Behinderung genauso wichtig ist wie Aufklärung bei Arbeitgebern
✅ Missverständnisse rund um den Kündigungsschutz und Fördermöglichkeiten
✅ Das Potenzial von unsichtbaren Behinderungen sichtbar machen – mit Mut, Selbstbewusstsein und Kommunikation
Weitere Themen:
🎯 Fachkräftemangel vs. unausgeschöpftes Potenzial
 💡 Wie barrierefrei sind Bewerbungsportale wirklich?
 📊 Zahlen, Daten, Fakten zu Beschäftigungspflicht und Quote
 🤝 Die Rolle von Führungskräften und HR in einem inklusiven Wandel
 📢 Inklusion ist kein „Charity-Projekt“, sondern eine Frage von Haltung und Verantwortung
 
Zum Unternehmensforum:
 
Mehr zum Inklusator:
 
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Transkript

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Ich bin völlig blind. Manchmal habe ich das Gefühl, meine Tage und Nächte sind auf den Kopf gestellt, weil ich Schwierigkeiten habe, nachts zu schlafen und tagsüber wach zu bleiben. Ich leide unter 924, einer seltenen Schlaf-Wach-Rhythmus-Störung, die viele völlig blinde Menschen betrifft. Möchtest du mehr über diese Erkrankung in Verbindung mit völliger Erblindung erfahren? Rufe kostenfrei an unter 0800 24 24 008.
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00:00:33
Igel. Inklusion. Ganz einfach leben. Der Podcast für gelebte Inklusion. Mit eurem Inklusator Sascha Lang. Willkommen zur SideCity 2025. Europas führender Fachmesse für Blinden und Sehbehinderten Hilfsmittel. Vom 21. bis 23. Mai öffnet das Cup Europa in Frankfurt seine Türen für alle, die sich für innovative Technologien, Hilfsmittel und Services interessieren. Entdecken Sie unsere aufregenden Neuerungen. Das Gaming Lab mit digitalen und analogen Spielewelten sowie dem inklusiven E-Sports-Turnier als Highlight. Auf der neuen interaktiven Workshop-Bühne erwarten Sie vielfältige Themenbereiche mit Weiterbildungskarakter. Natürlich finden Sie auch wieder unser altbewährtes Forum mit spannenden Vorträgen zu Medizin, Rehabilitation, Bildung und smarter Mobilität. Können Sie nicht persönlich teilnehmen? Kein Problem. Erleben Sie alle drei Bereiche hybrid und nutzen Sie zusätzlich die exklusiven Online-Aussteller-Vorträge. So verpassen Sie keine der inspirierenden Ideen und Lösungen, die mehr Selbstständigkeit im Alltag ermöglichen. Die Teilnahme ist nach Anmeldung auf www.sitecity.net kostenlos, ob vor Ort oder digital. Über 140 Aussteller präsentieren in der altbewährten Ausstellung ihre neuesten Entwicklungen und freuen sich auf ihren Besuch. Es ist der 2. Mai 2025. Es ist die Zeit für den.
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Eagle-Podcast Nummer 255. Mein Name ist Herr Schlang. Herzlich willkommen. Ein Tag nach dem Tag der Arbeit sprechen wir über die Arbeit. Wo hakt es denn? Warum sind 47.000 Unternehmen noch immer nicht überhaupt mal auf 0,001% der Quoten? Warum sind 70.000 Unternehmen bereits bei 5% und 120.000 noch nicht da angekommen? Was ist das Problem? Liegt es an den Arbeitnehmern? Liegt es an der Mentalität der Arbeitgeber? Liegt es aber eventuell vielleicht auch an dem System, an der Struktur, an den Finanzierungsmöglichkeiten? Wir erörtern diese Themen mit Martin Schmid und mit Nadine Schönwald. Warum gerade die beiden Gäste, das hört ihr gleich in unserem Podcast. Mein Name ist Sascha Lang, ich bin dein Inklusator, euer Inklusator und ich wünsche gute Unterhaltung.
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00:03:25
Speaker2
00:04:00
Igel, Inklusion, ganz einfach leben, der Podcast für gelebte Inklusion. Ihr habt es bereits in der Einleitung mitbekommen. Wir sind heute in der Episode 256. Es ist der 2. Mai 2025, ein Tag nach dem Tag der Arbeit. Und wie kann es anders sein? Der Igel-Podcast beschäftigt sich heute mit der Arbeit. Bei mir zu Gast Martin Schmid und Nadine Schönwald. Herzlich willkommen, ihr zwei.
Speaker0
00:04:20
Dankeschön. Vielen Dank.
Speaker1
00:04:22
Vielen Dank für die Einladung.
Speaker2
00:04:24
Ja, Martin, mit dir hatte ich schon ganz lange Kontakt und wir haben immer darüber überlegt, einen Podcast zu machen und irgendwann Anfang April hast du Nadine getroffen und dann kam eine großartige Idee auf den Tisch, welches Thema wir in diesem Podcast zum Thema Arbeit einbringen können. Bevor wir aber in das Thema einsteigen, würde ich gerne bitten, dass ihr euch beide mal vorstellt. Ladies first, Nadine, let's go!
Speaker0
00:04:47
Ja, dankeschön. Ich bin Nadine Schimmwald. Ich bin 43 Jahre alt und bin Head of Sales Support bei der ADECO-Gruppe. Dort leite ich ein kleines Team und sorge dafür, dass wir neue Kunden gewinnen. Das ist so mein Hauptjob. Im Ehrenamt bin ich im Vorstand vom Unternehmensforum. Das ist ein deutschlandweiter, branchenübergreifender Verbund von Firmen, die sich Inklusion in der Arbeitswelt zum Ziel gesetzt haben. Und da bin ich sehr stolz drauf, dass wir fast 60 Mitgliedsunternehmen haben, die sich aktiv für Inklusion in der Arbeitswelt einsetzen. Zusätzlich bin ich selbst eine Person mit Schwerbehinderung und in Führung und spreche ganz aktiv in den sozialen Medien, insbesondere bei LinkedIn darüber.
Speaker2
00:05:36
Martin, ich habe schon bereits angesprochen, wir beide sind in Kontakt gekommen. Ich weiß nicht mehr wie, aber es ist passiert und du darfst dich gerne auch bitte vorstellen.
Speaker1
00:05:44
Ich glaube, wir sind einfach in Kontakt gekommen, lieber Sascha, weil das Thema Inklusion so spannend ist. Und übrigens stolz habe ich jetzt gerade bei Nadine gehört. Stolz sind wir auch, Mitglied beim Unternehmensforum zu sein. Wir, das heißt die KfW-Bankengruppe, ist dort Mitglied. Und ich bin ein Senior-Projektmanager für Entwicklungshilfeprojekte, der bereits seit 25 Jahren in der KfW ist.
Speaker0
00:06:13
Und der seit drei Jahren.
Speaker1
00:06:16
Also ich mache seit drei Jahren zusammen mit anderen wertvollen Kolleginnen ein Vorhaben, das auf die Schwerbehindertenquote, auf die Erhöhung der Quote ausgerichtet ist. Und das ist das spannendste Vorhaben, was ich seit hierher gemacht habe, obwohl ich vorher auch nicht Mangel an Spannung hatte. Ich bin, wie gesagt, Volkswirt, 20 Jahre im Entwicklungshilfe-Bereich tätig. Fünf Jahre davor war ich noch im Inlandsbereich der KfW-Bankengruppe tätig und jetzt gelang uns, das in den letzten Jahren, die Quote massiv zu erhöhen. Und das freut uns und das feiern wir gerne mit dir gemeinsam.
Speaker2
00:06:58
Bayern ist immer wichtig, vor allem, wenn es positive Nachrichten gibt. Ja, die Arbeitswelt ist ja etwas Besonderes. Wir haben einen Fachkräftemangel in Deutschland. Wir haben aber auch ganz viel massiv, viele Menschen mit Behinderung, die ganz früh aus dem Verkehr gezogen werden. Wenn ich das mal so ein bisschen etwas brutal sagen darf, indem sie früh verrendet werden, weil wir nichts mit ihnen anfangen können. Ich übertreibe jetzt, das ist die Gesellschaft oder das ist die Arbeitswelt, die das so formuliert, nicht ich. Wir haben Menschen, ganz viele Menschen, über 360.000 in Werkstätten, von denen nur 0,33 Prozent den ersten Arbeitsmarkt wieder blicken können. Wir haben ganz viele Menschen, die nicht die adäquate Ausbildung haben, um diesen Arbeitsmarkt, den ersten Arbeitsmarkt ändern zu können. Wir haben aber ganz viele schöne Ideen, den Arbeitsmarkt mit Menschen mit Behinderungen zu füllen, das Budget für Arbeit, Arbeitsassistenz und so weiter. Und doch gelingt es uns nicht. Und wenn es uns gelingt, wird es ganz oft mit dem Thema Social Responsibility, also eher so auf die soziale Schiene. Wir tun was Gutes, wenn wir einen Menschen mit Behinderung bei uns engagieren. Nadine, du hast gesagt, ihr seid da in der Unternehmensgruppe, also nur im Unternehmensforum, wo 60 Unternehmen daran arbeiten, dass Inklusion auf dem ersten Arbeitsmarkt besser funktioniert. Wie siehst du denn im Augenblick die Situation auf dem ersten Arbeitsmarkt in Bezug auf Menschen mit Beeinträchtigung oder wie ich gerne Pflege zu sagen, mit Inklusionshintergrund?
Speaker0
00:08:23
Ja, spannende Frage. Ich erlebe da tatsächlich zwei sehr verschiedene Perspektiven und ich frage mich, wieso die nicht zusammenkommen. Auf der einen Seite durch meine Tätigkeit im Unternehmensforum erlebe ich engagierte Unternehmen, die wirklich nicht nur bereit sind, Menschen mit Behinderung einzustellen, sondern das auch aktiv quasi einfordern und da sehr viel für tun. Auf der anderen Seite folgen mir sehr viele Menschen mit Behinderung in den sozialen Medien, die mir persönlich schreiben und sagen, hey Nadine, du kennst doch so viele inklusive Unternehmen, ich suche einen Job, ich finde aber keinen. Oder hey, ich gebe meine Behinderung an, obwohl da auch sogar drinsteht, Menschen mit Behinderung werden bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt beispielsweise. Und dennoch klappt es irgendwie nicht. Und das sind für mich so zwei sehr differenzierte Perspektiven, wo ich noch nicht so ganz verstanden habe, warum diese beiden Zielgruppen nicht unbedingt zueinander finden. Vielleicht habt ihr ja noch Ideen dazu.
Speaker2
00:09:23
Martin, wie ist dein Blick auf den Arbeitsmarkt derzeit? Wo siehst du die Situation der Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt?
Speaker1
00:09:32
Vielleicht will ich es mal mit dem Wort Ungeduld überschreiben. Ich bin ungeduldig zu sehen, dass es Möglichkeiten gibt, die Schwerbehindertenquote zu erhöhen, indem man das Recruiting inklusiver macht, indem man für eine offenere Unternehmenskultur wirbt und auch damit mehr Menschen sich trauen, im Unternehmen selber einfach offen zu legen, dass sie eine Behinderung haben. Und es gibt die Möglichkeit und dennoch sind es insgesamt 47.000 Unternehmen in diesem Land, die 0,0 Prozent Schwerbehindertenquote haben. Das ist ein enormer Mismatch. Ich nehme aber auch wahr, Nadine, ich gucke jetzt nicht nur auf die negative Zahl, natürlich gibt es auch von den insgesamt 180.000 beschäftigungspflichtigen Unternehmen, also die, die Menschen mit Behinderung nach Sozialgesetzbuch 9 beschäftigen müssten, von den 180.000, sind immerhin auch 70.000 erfüllen, diese Quote. Die anderen haben möglicherweise noch nicht verstanden, wie das geht, die Quote zu erhöhen. Die haben auch nicht verstanden, dass Arbeitnehmer heute knapp sind. Arbeitnehmende, dass man heute nicht mehr wie in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts vielleicht Leute einfach freisetzen kann, weil man dann vielleicht irgendwann mal das Klagen anfängt. Und ich versuche mich immer reinzuversetzen in die Unternehmenden, die die 0,0 haben. Und lasst euch beraten. Das ist eine betriebswirtschaftlich lohnende Sache, sich beraten zu lassen, wie man da hochkommt. Es gibt einen Haufen an BeraterInnen. Nadine ist bestimmt eine gute Beraterin vom Unternehmensforum. Wir haben auch gute Erfahrungen gemacht. Du kannst in Show Notes auch auf mich verweisen. Das mache ich dann auf privater Basis letztendlich nicht mit meinem Router KfW. Aber da gibt es auch IHKs und da gibt es auch viele, viele wertvolle Beratende, die da helfen können. Also Ungeduld. Nochmal. Was braucht dieses Land, damit die Unternehmen dann endlich begreifen, dass das Arbeiten im Jahr 2025 als Unternehmer ein anderes ist als in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts?
Speaker2
00:12:05
Sehr gute Frage, Nadine. Du hast im Unternehmungsforum 60 Unternehmen, die mittlerweile inklusiv sind, die es aber vielleicht nicht alle direkt waren. Oder ist das das Kriterium, um bei euch im Unternehmungsforum mit dabei zu sein? Ich gehe mal nicht davon aus. Das heißt, ihr habt eine Lobbyarbeit gemacht, ihr habt eine Sensibilisierungsarbeit gemacht. Was waren denn die Knackpunkte? Wo musstet ihr denn extreme Überzeugungsarbeit leisten, um zu sagen, naja, wenn ihr Menschen mit Behinderungen einstellt, dann habt ihr das und das als Positives?
Speaker0
00:12:32
Ich bin jetzt selber erst seit anderthalb Jahren im Vorstand vom Unternehmensforum. Da ist ja jemand in Rente gegangen und ich bin dann nachgerückt. Das Unternehmensforum selbst gibt es ja schon seit 20 Jahren. Bei uns kann tatsächlich jeder mitmachen, weil wir sagen immer, Inklusion ist eine Reise und jeder kann sich auf diese Reise begeben, egal von wo er startet. Und davon lebt ja auch das Netzwerk. Wir sind ja ein reines Austauschformat. Und das heißt, da gibt es ganz viele Firmen, die sind schon viel weiter, viel weiter vielleicht auch als meine Firma, wo ich arbeite. Und manche sind vielleicht auch gerade erst am Anfang. Es gibt welche, die haben feste, dedizierte Teams, die sich darum kümmert. Es gibt ganz viele, die machen das on top zu einem zusätzlichen Job. Also da ist wirklich ein ganz bunt gemischtes Bild. Und ich finde auch wichtig, man sollte alle dort abholen, wo sie halt auch gerade starten, weil wir wollen ja gerade die ermutigen, die sich vielleicht noch nicht so viel mit dem Thema beschäftigt haben. Und die Themen sind sehr vielfältig. Wir bieten immer unterschiedliche Themencalls an, arbeiten mit Depressionen zum Beispiel. Letztes Mal hatten wir das Thema Recruiting. Da laden wir dann auch immer Fachexperten ein und besprechen dann die Themen. Wir hatten einen Themencall zum Thema Inklusionsvereinbarung, was muss denn da drin stehen und haben etwas entwickelt, was man dann entsprechend auch schon benutzen kann. Also unsere Bandbreite ist da sehr vielfältig und wir richten uns tatsächlich danach, was beschäftigt denn die Unternehmen gerade, wo brauchen die gerade Unterstützung und danach suchen wir dann die entsprechenden Schwerpunkte für das Jahr dann aus. Und wenn im Moment gab es zum Beispiel viele Fragen zum Thema Koalitionsvertrag und da bieten wir dann zum Beispiel auch einen Themencall an, wo wir dann auch einen Experten dazu einladen.
Speaker2
00:14:26
Martin, du hast gesagt, 47.000 Unternehmen sind auf 0,00 Prozent. Wir haben von 180, 70 runtergezählt, sind wir auf 110, ziehen wir die 47.000 ab, sind wir auf 63.000, wenn ich richtig gerechnet habe, die noch üblich waren, die die Quote zwar nicht erreichen, die trotzdem Menschen mit Behinderung engagieren. Wenn du so mit den Unternehmen in Kontakt bist oder mit Unternehmungsführungen sprichst, wo liegt es denn meistens daran? Liegt es am Unternehmenschef, der sagt, oder liegt es an der Personalabteilung, die Angst hat, Menschen mit Behinderungen zu beschäftigen und dadurch auch ins Unternehmen ausstrahlt? Wenn ich mich jetzt im Unternehmen oute mit einer Behinderung, habe ich hier Schwierigkeiten? Wo glaubst du, ist der Ansatz, wo hängt, wo ist die Sorge oder die Ängste, wo hängt es da?
Speaker0
00:15:09
Es ist eine gute Frage.
Speaker1
00:15:11
Ich habe vor ein paar Monaten mal mit einem Chef von der Handwerkskammer in Deutschland gesprochen, der in einem tollen Grußwort gesagt hat, bei uns darf jeder mitmachen, jede mitmachen. Und er hat sich da auf Migrationshintergrund bezogen. Ich bin danach zu ihm und habe gesagt, gilt es für alle. Also gilt es mitmachen dürfen, auch für andere. Ich habe darauf verwiesen, dass das aber so ist. Das war mir vorher schon bewusst. Ich habe die aktuellen Zahlen, übrigens sind gerade vor kurzem rausgekommen, die du jetzt gerade genannt hast, 47.000 Unternehmen, die 0,0 haben. Ich glaube, es ist ein Kommunikationsproblem. Ich glaube, es ist auch ein schwieriges Aufeinanderzugehen. Die Fronten sind verhärtet. Da gibt es die einen, die sagen, nennt mich nicht behindert oder nennt mich nicht Mensch mit besonderen Bedürfnissen. Und auf der anderen Seite gibt es Führungskräfte. Man darf ja nicht vergessen, es gibt ja in einem Unternehmen, wenn es ein bisschen größer ist, durchaus Strukturen. Da gibt es also nicht nur einen Chef, sondern da gibt es auch Führungskräfte drunter, die dann die Entscheidungen fällen müssen. Und ein anderes wichtiges Wort in dem Zusammenhang ist auch Mut. Es braucht Mut, bei Führungskräften zu sagen, ja, ich glaube dem, ich glaube der Person, dass die das kann, dass die das will. Und die Führungskraft, eine moderne Führungskraft fragt dann einfach, was brauchst du, um bei uns mitarbeiten zu können? Mut braucht es aber auch, muss man ehrlich auch sagen, bei den Menschen mit Behinderung, dass die die geeignete Kommunikation finden mit ihrem Unternehmen darüber, dass sie jetzt besondere Herausforderungen haben. Nur dann wird es ein Match. Wir haben bei der Entwicklungsbank der KfW unsere Quote dadurch erhöht, dass wir Und 22, also das sind so viel wie zwei Fußballmannschaften, innerhalb von drei Jahren 22 Mitarbeitende offensichtlich über eine gute Kommunikation überzeugen konnten, einfach aus dem Schatten zu treten und zu sagen, ja, ich habe eine Behinderung. Von vielen weiß ich gar nicht, dass die das offengelegt haben. Das brauche ich auch gar nicht wissen. Von anderen weiß ich das aber, weil die sich rauswagen aus ihrem Schneckenhaus, sage ich mal. Und weil die die nächste Stufe betreten und sagen, Teamleiter, du darfst das durchaus auch wissen. Normalerweise reicht es, wenn man HR das ankündigt. Oder ich mache das so wie Nadine oder wie Martin oder wie LKP bei uns, die einfach sagt, ja, ich bringe das auch ins Intranet, ich bringe das auch ins Internet, auf Social Media. Wie toll ist das denn, wenn man diesem Land und seinen Unternehmenden beibringt, dass man offen damit umgehen kann? Und das Zusammenspiel ist es. Es ist ein Kommunikationsproblem. Und wir haben das Thema bei der Entwicklungsbank der KfW angegangen, indem wir im Grunde Kommunikation auf allen Ebenen betrieben haben. Führungskräfte, Forum, Bereichs- und Abteilungssitzungen, Teamsitzungen. Wir haben Coachings gemacht mit den Leuten oder Coachings machen lassen, Mentoring-Systeme aufgebaut. Und die Menschen mit Behinderung, die es vielleicht noch nicht offengelegt haben, aber auch die, die offengelegt haben, sollen merken, dass sie eine wichtige Ressource fürs Unternehmen sind. Und bitte vergesst nicht, wenn wir über behinderte Menschen sprechen, dann reden wir nicht nur über Leute, die jetzt gerade neu ins Unternehmen kommen, sondern auch wirklich über Leute, die zwischen 50 und 60 irgendwann eine Diagnose, kann auch früher sein, eine Diagnose von ihrem Arzt bekommen, hey, du hast jetzt das. Und dann ist die Frage, trauen die sich in dem Unternehmen, in die Offensive zu gehen, trauen die sich, authentisch zu sein und zu sagen, ja, ich habe das, aber wenn ihr mir Folgendes gebt, dann kann ich ganz normal mitarbeiten.
Speaker2
00:19:33
Nadine, die Frage auch an dich, wo siehst du die Krux in Unternehmensführung oder bei der Personalabteilung?
Speaker0
00:19:41
Bei beidem würde ich jetzt mal sagen, ganz oft ist ja Inklusion bei, wie hast du es schon gesagt, Corporate Responsibility angehangen, bei D&I, also ein strategisches Thema, was dort auch sicher gut platziert ist. Meiner Erfahrung nach werden aber ganz oft die Führungskräfte oder das Management, das sogenannte Mittelmanagement, gar nicht mit abgeholt, nämlich genau die Personen, die dann Menschen mit Behinderung oder chronischen Erkrankungen dann im Team haben. Und wenn man die nicht mit abholt, dann kann man sich noch so viele schöne Strategien überlegen, wie man denn mehr Menschen mit Behinderung ins Unternehmen bekommt, wenn man neu einstellt. Denn das funktioniert dann halt nicht. Also da ist auch ein Bruch. Auch ich habe bei uns zum Beispiel das HR-Team geschult. Auch die müssen natürlich gerade bei Bewerbungsprozessen und so weiter sensibilisiert werden, falls dieses Thema von alleine vielleicht auch mal auf den Tisch kommt oder aber auch ganz aktiv. Wie spreche ich denn Menschen mit Behinderung an? Wo finde ich sie denn, wenn man sich auf der Suche macht? Ich glaube, an sehr vielen Stellen ist noch viel zu tun und das Thema darf auch einfach nicht mehr so totgeschwiegen werden. Was mich extrem stört, ist, was du am Anfang gesagt hast, das wäre wie so eine Art Charity-Projekt, dass man irgendwie dankbar sein muss, dass man einen Job hat. Und nein, ich muss, natürlich bin ich dankbar, dass ich einen Job habe, aber auch ich erbringe ganz normal meine Leistung wie jeder andere auch. Und deswegen muss ich nicht übermäßig dankbar sein, dass ich einen Job gefunden habe, sondern ich bin genauso arbeitsfähig, in meinem Fall zumindest, wie alle anderen auch und erbringe genauso meine Leistung wie alle anderen auch, die eventuell keine Behinderung haben. Und ja, dieses Menschen mit Behinderung sind nicht leistungsfähig, da habe ich ein sehr großes Störgefühl, muss ich gestehen.
Speaker2
00:21:40
Wir kommen gleich noch auf das Thema unsichtbare Behinderung zu sprechen. Ich würde gerne noch bei einem Thema nochmal kurz einhaken.
Speaker0
00:21:46
Ich habe einmal, das war so zu Corona-Zeiten.
Speaker2
00:21:49
Mit einem Unternehmen zusammengearbeitet, die Workshops gegeben haben, auch für eine große Versicherung in Deutschland. Und dann hieß es so in diesen Workshops, ja, das Problem ist, wir schreiben Stellen aus, aber es melden sich auch keine Menschen mit Behinderung. Jetzt stelle ich mir dann mal so die Frage, du gerade, Nadine, beim Internäumsforum, aber auch du, Martin, der sehr viel mit Unternehmen zu tun hat. Ist das normal, wenn ich als Unternehmen draußen nicht unbedingt irgendwie für das Thema Inklusion bekannt bin oder dass nirgendwo irgendwo auf meiner Webseite verlinkt ist, das Thema irgendwo angesprochen ist, dass sich dann automatisch keine Menschen mit Behinderung melden? Oder, andere Frage, etwas provokativer, fehlt es uns einfach an gut ausgebildeten Menschen mit Behinderung? Ich würde mal bei dir anfangen, Nadine.
Speaker0
00:22:37
Interessante Frage. Ich höre das auch tatsächlich ja sehr häufig. Hey, wir sind ja inklusiv und wir wollen ja Menschen mit Behinderung einstellen. Und dann gehe ich auf die Homepage oder auf die Stellenanzeige und finde vielleicht maximal diesen Satz, Menschen mit Behinderung werden bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt. Und das war's. Da steht weder was dazu, ob es vielleicht einen Ansprechpartner gibt bei Fragen, weder was zu Barrierefreiheit, noch vielleicht bei manchen sogar zu den flexiblen Arbeitszeiten etc. pp. Da haben wir es nämlich wieder. Dann wird dieses Thema Inklusion sehr stark auf der Strategieebene, auch auf der Homepage gespielt. Also unter dem Part CRSID zum Beispiel, Corporate Responsibility und so weiter. Da findest du dann auch ein DNI-Statement und auch die Werte. Aber in den Stellenanzeigen sehe ich das sehr, sehr wenig tatsächlich. Und von barrierefreien Bewerberportalen, darüber haben wir ja noch gar nicht gesprochen. Von daher glaube ich, dass da Unternehmen einfach auch nochmal mehr umdenken. Und ich glaube, viele haben auch einfach diese Erwartungshaltung, hey komm, jetzt bin ich schon auf. Ich bin jetzt auch mal provokant, so gutmütig und gebe so einer Person eine Chance. Jetzt sollen die sich auch gefälligst bei mir melden. Da fehlt mir manchmal, muss ich ein bisschen schmunzeln, muss ich sagen, so die Denke, so hey, die haben sich ja gefälligst bei mir zu melden. Also diese Gespräche habe ich auch schon geführt. So hey Nadine, ich habe jetzt hier, ich habe da geschaltet und ich habe mich bei dem gemeldet. Und da steht jetzt auch so ein Satz drin, aber es bewirbt sich ja trotzdem keiner bei mir. Wieso denn nicht? Ja, dann denke ich mir, ja, dann wirst du wahrscheinlich nicht als inklusives Unternehmen wahrgenommen und es reicht halt nicht, wenn du ein schönes Posting machst oder eine nette Stellenanzeige schaltest oder einmal mit einem Berufsförderungswerk gesprochen hast. Dadurch vertraut man ja einem nicht unbedingt. Nicht umsonst arbeiten ja so viele Menschen mit Behinderung in Unternehmen, ohne dass das Unternehmen das weiß, weil man einfach nicht das Vertrauen hat, sich so zu öffnen oder zu zeigen, wie man tatsächlich ist, weil man sonst sehr viele Vorurteile erlebt, wie nicht leistungsfähig, nicht kündbar, schwierig, ich muss irgendwelche Extrasachen machen und so weiter und so fort. Auf der anderen Seite, um auf deine zweite provokante Frage einzugehen, gibt es genug qualifizierte Menschen mit Behinderung? Habe ich auch zum Teil erlebt, dass es Menschen gibt, die, ich will nicht sagen, sich auf ihrer Behinderung ausruhen, aber das darf halt nicht das Zentrum sein, wenn ich mich bewerbe. Also auch ein Mensch mit Behinderung muss natürlich eine Qualifizierung mitbringen, beziehungsweise auch seine Leistungen dann erbringen wollen, beziehungsweise auch transportieren können, dass man dort arbeiten möchte. Also da gibt es, glaube ich, auch verschiedene Personen, wie überall gleich. Man muss halt auch die Motivation spüren, dass man will. Und ich glaube, es gibt genug qualifizierte Menschen mit Behinderung und auch viele, die vielleicht in den Werkstätten arbeiten und auch auf dem ersten Arbeitsmarkt durchaus arbeiten könnten. Die bekommen einfach allerdings keine Chance, weil man denen einen Stempel aufdrückt und den kriegt man gefühlt dann auch nicht mehr wieder los.
Speaker2
00:26:01
Wie siehst du das,
Speaker1
00:26:02
Martin? Ich nehme das Wort von Nadine auf. Man drückt denen einen Stempel auf und man wird es nicht mehr los. Nadine hat es in der Anmoderation gesagt, dass sie auch eine Behinderung hat. Das habe ich, glaube ich, vergessen zu sagen. Ich habe auch eine Behinderung. Ich sehe sehr schlecht und habe das seit Geburt an. Ich habe ein gutes Volkswirtschaftsexamen gemacht. Ich habe mich nach dem Studium beworben. Ich habe 130 Bewerbungen geschrieben, manche mit Behindertenausweis, viele auch ohne. Die Frage, ob man sich bei einem Unternehmen mit einem Behindertenausweis bewirbt, hat eng mit der Unternehmenskultur zusammen und auch mit den Signalen, die man am Arbeitsmarkt sendet. Du bist bei uns willkommen. Wenn du besondere Bedürfnisse hast, melde dich hier. Seien das irgendwelche Bedürfnisse in Bezug auf einen Bewerbungsprozess oder sonst irgendwelche Fragen. Das muss glaubhaft rüberkommen. Die Kommunikation muss lang andauernd rüberkommen. Wir haben extra einen Film gemacht bei der KfW, bei der Entwicklungsbank der KfW, wo wir den Menschen, die bei uns arbeiten mit einer Behinderung, einfach ein Gesicht geben. Wir haben darauf bestanden. Wir machen das nur mit eigenen Leuten. Ich könnte jetzt noch viel erzählen, was wir da alles gemacht haben, aber ich versuche mich jetzt gerade mal reinzuversetzen in so ein kleines Unternehmen mit ganz, ganz wenig Beschäftigten. Sagen wir mal mit 40 oder 60 Beschäftigten. Da gibt es nämlich ganz, ganz viele, die 0,0 haben. Da mag vielleicht der alte Unternehmensleiter, der jetzt gerade abgetreten ist, einer sein, der hat halt eine Unternehmenskultur gehabt, wie man in Schwaben so schön sagt, schaffe, schaffe, häusle, bauere und da nichts anderes.
Speaker0
00:27:53
Jetzt ist er weg.
Speaker1
00:27:54
Jetzt haben seine Erben dieses Unternehmen übernommen und stehen im Grunde vorm Scherbenhaufen, kriegen keine Leute mehr und so weiter. Ja, sorry, die Leute informieren sich natürlich auch, Menschen mit Behinderung, aber auch die Nichtbehinderten versuchen, ein Unternehmen zu finden, das ein gutes, ein soziales Unternehmen ist, ein Unternehmen, das zu ihnen steht, Auch wenn sie auf dem Weg hin zur Rente irgendwann mal gesundheitliche Herausforderungen haben. Und natürlich informiert man sich auch. Und natürlich ist das heute relativ transparent. Ihr wisst vielleicht, es gibt Kununu. Das ist so ein Portal, wo man die Arbeitgeberattraktivität bewerten kann. Und eigene Leute, die dort arbeiten, können das bewerten. Das ist transparent. Und da gibt es natürlich auch eine Möglichkeit, Diversity zu bewerten. Also das mag es vielleicht bei einem kleinen Unternehmen noch gar nicht so viele Einträge haben. Aber auch die haben ein Telefonbuch, auch die haben Leute, die dort schon arbeiten. Und natürlich, die Leute informieren sich, kann ich mich da mit Behindertenausweis bewerben oder soll ich den lieber weglassen? Diese Episode wird dir präsentiert von der Rehab, der Fachmesse für Rehabilitation, Therapie, Pflege und Inklusion. Vom 22. bis 24. Mai 2025 lädt die Messe Karlsruhe zur 23. Ausgabe der Rehab ein. Dieses Jahr mit neuem Themenspecial. Mobil mit Prothese. Tickets für die Rehab bekommt ihr online günstiger unter www.rehab-karlsruhe.com slash tickets.
Speaker2
00:29:48
Nadine, du hast angesprochen, dass schon allein die Bewerbungsportale noch nicht ausreichend barrierefrei sind. Wir haben das Thema Ausbildung besprochen. Du hast aber auch schon erwähnt, dass so die Themen wie Kündigungsschutz und besondere Bedürfnisse abdecken, wie Hilfsmittel und so weiter. Haben wir nicht vielleicht so viele abschreckende Dinge für den Arbeitgeber? Neben den ganz vielen, nenne ich das mal so, Lockmitteln, die wir haben von finanzieller Unterstützung und so weiter und so fort, aber sind da nicht die ein oder anderen abschreckenden Dinge, wo man sagt, ja, aber wenn ich den bisher habe, ich kann den nicht mehr kündigen, ob schon, wenn der dann und so weiter.
Speaker0
00:30:30
Ja, nur das stimmt ja nicht. Das ist es ja. Das hält sich ja leider sehr hartnäckig.
Speaker1
00:30:34
Deshalb habe ich es nochmal angesprochen. Genau, habe ich mir schon gedacht.
Speaker0
00:30:37
Deswegen greife ich das gerne auf, was ja viele nicht wissen. Der besondere Kündigungsschutz, zumindest in Deutschland, greift erst nach sechs Monaten. Also in der Regel hast du ja auch sechs Monate Probezeit und erst danach gilt der besondere Kündigungsschutz. Also im ersten Moment, wenn du eine Person einstellst, Passiert da in dem Fall nichts. Der ist nicht sofort, ab ersten Tag nicht kündbar. Und es gibt ja auch mittlerweile Studien, die sagen, es werden ja über 70 Prozent von den Integrationsämtern, von den Kündigungen, die eingereicht werden, tatsächlich auch zugestimmt. Und also, dass man die Menschen nie wieder los wird, das höre ich tatsächlich relativ häufig, das stimmt ja so auch nicht mehr. Und ja, ich stimme dir zu. Ich finde es auch für einen Arbeitgeber relativ schwer gemacht. Denn es gibt natürlich viele Unterstützungsmöglichkeiten, aber viele Unternehmen wissen ja gar nicht davon. Also welche Förderung gibt es? Wo kann ich die beantragen? Viele Dinge müssen vor Einstellungen geklärt sein. Das höre ich halt auch sehr häufig von Unternehmen, die ich schon beraten habe. Ja, wir haben jetzt hier einen eingestellt, aber das haben die nicht angezeigt und so weiter. Das ist tatsächlich sehr, sehr undurchsichtig und sehr auch abhängig von dem Bundesland, wo man tatsächlich in Deutschland unterwegs ist. Ich sitze jetzt vom Büro her in Düsseldorf und in Düsseldorf gibt es zum Beispiel eine Prämie, aktuell glaube ich noch von 5000 Euro, nur wenn du eine Person mit Behinderung einstellst und das Geld ist auch nicht an einen Zweck gebunden. Das heißt, erst mal kriegst du dafür schon eine Prämie. Du kriegst eine Prämie, wenn du einen Mensch mit Behinderung in Ausbildung einstellst und wenn du ihn dann auch noch übernimmst, gibt es auch nochmal Förderung. Aber das sind alles so Informationen, die sind relativ schwer zugänglich, gefühlt zumindest für die Unternehmen, wenn man sich auch vor allen Dingen damit noch nie beschäftigt hat. Wo muss ich was beantragen? Wo finde ich Informationen? Da empfehle ich für interessierte Zuhörer gerne die EAAs, die einheitlichen Ansprechstellen oder auch die Agentur für Arbeit, je nachdem. Wo man dann entsprechend auch ansässig ist, um sich erste Informationen zu holen. Ansonsten gibt es ja auch, da bin ich auch immer recht provokant, das sogenannte Internet. Denn wir scrollen alle sehr, sehr viel mittlerweile am Tag durch soziale Medien und so weiter. Nutzt doch mal die Zeit. Und auch da gibt es spannende CreatorInnen, die auch zu diesen Themen entsprechend aufklären oder sensibilisieren. Ich glaube, es liegt nicht an, dass uns Informationen fehlen. Ich glaube, es fehlt ganz oft an der Umsetzung, dass die Leute wissen, gibt es genug, aber es dann umzusetzen in dem eigenen Unternehmen, ich glaube, daran hapert es noch sehr, sehr häufig.
Speaker2
00:33:27
Lasst uns mal kurz auf die Arbeitnehmerseite gehen. Du hast es schon so ein bisschen angedeutet, Nadine, dass es ja da auch den einen oder anderen gibt, der seine Behinderung mehr in den Fokus schiebt als an sich seine Arbeitskraft, also nicht Mensch first, sondern Behinderung first. Natürlich ist es wichtig, dass man die Behinderung mit erwähnt, aber oft reduzieren Menschen mit Behinderung sich auf ihre Behinderung. Ist das etwas, wo wir auch noch am Empowerment der Arbeitnehmer ganz stark arbeiten müssen, dass die Behinderung zwar da ist oder die Beeinträchtigung da ist, aber dass es prinzipiell mal auf den Menschen, seine Sozialkompetenz, seine Sozialverträglichkeit im Arbeitnehmertum ist, die wichtiger ist als die Behinderung. Ich fange mal bei dir, Martin, an.
Speaker1
00:34:16
Ich höre gerade diesen Ausdruck von dir, Empowerment des Arbeitnehmers. Ist das erforderlich? Natürlich ist das erforderlich. Stellt euch mal vor, die zwei unterschiedlichen Personen, der Arbeitnehmer, die Arbeitnehmerin hat durch die Natur eine Behinderung mitbekommen. Eine krasse Behinderung vielleicht sogar, wo man sich daran gewöhnen muss, den Umgang, den richtigen Umgang auszutesten damit. Auf der anderen Seite eine Führungskraft, die sich freiwillig gemeldet hat, um diese Challenge, Führungskraft zu werden, zu schaffen. Die Führungskraft kriegt in der Regel Coaching in vielen Unternehmen. Die Arbeitnehmenden, die ringen um ihre Stellung am Arbeitsmarkt, die, die sich bewerben, kriegen oft noch kein Coaching. Das ist natürlich schon ein Umstand. Das Empowerment von Arbeitnehmern ist wichtig, weil klar, das ist eine Kommunikationsaufgabe. Die ist nicht einfach zu sagen, ich bin leistungsbereit, aber behindert. Wie bringe ich das am besten rüber? Es gibt Coaching-Angebote. Ich habe jetzt auch eine Coaching-Ausbildung gemacht. Es macht Spaß ohne Ende, weil an diesem Feld wurde bislang zu wenig investiert.
Speaker0
00:35:39
Und bei dir, Nadine, wie siehst du das?
Speaker2
00:35:42
Wo fangen wir mit den Menschen mit Behinderungen an? Wie kriegen wir sie überhaupt empowernd? Also wo finden wir sie eigentlich?
Speaker0
00:35:50
Also ich glaube auch, dass ganz viele vielleicht auch an ihrem eigenen Selbstwert und Selbstbewusstsein arbeiten können. Also ich lebe ja auch von Geburt an mit Behinderung und bin von sehr sichtbar in eher die nicht sichtbare Richtung gewechselt. Ich sage immer, ich habe eine Gesundheitsgeschichte, keine Krankheitsgeschichte, weil sich das bei mir tendenziell verbessert hat, meine Behinderung. Dennoch ist es ja so, wenn du als Mensch mit Behinderung aufwächst, wie oft man zu hören kriegt, das kannst du nicht, das geht so nicht. Ich glaube, das hat auch ganz viel mit dem Umfeld zu tun, in dem du sozialisiert wirst. Und ich bin jetzt zum Beispiel sehr selbstbewusst erzogen worden. Meine Mutter hat dafür gekämpft, dass ich auf eine normale Schule gehen durfte, auch wenn ich das einzige behinderte Kind war. Ich sollte nämlich auch auf eine Förderschule, sie hieß das, oder Sonderschule hieß das bei uns früher. Und meine Mutter hat sich zum Beispiel dafür eingesetzt, dass ich auf eine normale Schule gehen durfte. Ich hatte zwar meinen eigenen Stuhl, meinen eigenen Tisch. Teilweise war ich auch im Rollstuhl unterwegs. Meine Mutter ist jeden Tag zur Schule gekommen und hat mich diese fünf, sechs Treppen am Eingang hochgetragen, weil ich keine Treppen gehen konnte. Und hat halt sehr, sehr viel dafür getan, dass ich an möglichst vielen Dingen teilhaben kann, möchte ich sagen. Viele konzentrieren sich ja auch darauf, was man so nicht kann. Also ich werde nie einen Marathon laufen, einen Berg erklimmen oder sonstige Dinge oder Fallschirmspringen. Ich habe so viel Metall im Körper, dürfte ich gar nicht. Man sollte sich vielleicht eher auf die Dinge konzentrieren, die möglich sind oder auch versuchen, gewisse Dinge möglich zu machen, anstatt sich darauf zu konzentrieren, was nicht möglich ist. Aber genau das wird ja Menschen mit Behinderung so oft eher auch vorgelebt oder eingeredet. Nee, also wie oft ich auch gehört habe, nein, Nadine, das kannst du nicht. Nein, Nadine, das geht nicht. Nee, wir können nicht spazieren gehen. Die Nadine kann nicht so weit laufen oder sie kann gar nicht laufen. Also ich entscheide doch, was ich kann und was ich nicht kann. Und ich glaube, da müsste man schon ansetzen. Deswegen bin ich auch in die Sichtbarkeit gegangen, weil ich insbesondere auch jüngeren Menschen Mut machen möchte, dass man durchaus auch mit einer größeren Einschränkung auch Karriere machen kann und dass das durchaus auch möglich ist. Allerdings muss ich auch dazu sagen, man muss dann auch was dafür tun. Das kann man jetzt auf der einen Seite auslegen, als auch auf die andere Seite. Nämlich, wie du schon gesagt hast, ich soll mich nicht immer selbst auf dieses Merkmal reduzieren. Ich bin noch ganz viel anderes und ich kann auch noch ganz viel anderes, als sich selbst auch immer kleinzureden. Und deshalb glaube ich, sollte man noch sehr, sehr viel auch dafür tun. Und für alle, die hier zuhören, seid mutig, seid stark und ihr seid mehr als eure Behinderung.
Speaker2
00:38:53
An sich sage ich immer, der Körper ist die Behinderung, aber Geist und Seele und das Wesen sind nicht behindert. Das liegt an uns, wie viel wir uns da behindern lassen. Kommen wir noch zum Thema Sichtbarkeit oder Unsichtbarkeit. Nadine, du hast gesagt, mittlerweile ist deine Behinderung eher unsichtbar. Wir hatten in der Sonntag-Trift-Igel-Episode von April das Thema Unsichtbarkeit versus Sichtbarkeit und haben da eruiert mit Jennifer Sonntag, dass es an sich, glaube ich, enorm wichtig ist, gerade bei unsichtbaren Behinderungen die Kommunikation in den Vordergrund zu stellen. Wie ist das bei euch, Martin, im Unternehmen? Da sind ja sicherlich ganz viele Menschen dann auch dazugekommen. Du hast gesagt, ihr habt zwei Fußballmannschaften auf einmal als Mitarbeiter mit Beeinträchtigung in eurem Team gehabt, die sich dann sichtbar gezeigt haben, die aber wahrscheinlich mit ihrer Behinderung noch unsichtbar waren. Wie wichtig ist da die Kommunikation? Auch wir als Blinde oder Sehbehinderte, manchmal sieht man es, manchmal sieht man es auch nicht, aber ich gehe da wirklich von Menschen aus, die andere Behinderungen haben, die unsichtbar sind.
Speaker1
00:39:57
Ich glaube, wichtig ist, dass Menschen, die noch nicht offengelebt haben, einer Unternehmenskultur, einer hoffentlich sich wandelnden Unternehmenskultur gegenübersehen, die immer mehr Akzeptanz mitbringt. Akzeptanz für das Unbegreifliche. Jeder von uns, alle Zuhörer, die heute dabei sind, können morgen, ob sie behindert sind oder nicht, können morgen eine Behinderung haben, wenn der Arzt ihnen eine Diagnose eröffnet. Und die Frage ist, was macht die Buchhalterin, die 45 ist und die jetzt eine MS-Diagnose bekommt in den nächsten Monaten? Traut sie sich zu sagen, ich habe da, geht sie zu ihrem Chef und sagt, du, gib eine blöde Nachricht, ich habe dies und das. Ich brauche Folgendes, um gut mitarbeiten zu können und ich brauche vor allen Dingen dich, dass du weiterhin an mich glaubst. Und da sind wir bei diesem Thema. Unternehmenskultur braucht Mut, stehen zu bleiben und innezuhalten und zu sagen, okay, da ist jetzt was passiert, das ist sehr unerfreulich, aber natürlich werden wir weiterhin an der Buchhalterin festhalten. Und den Unternehmen mit 0,0 kann ich nur zurufen, ihr zahlt ja, wenn ihr 0,0 habt, etwa 9.000 Euro pro nicht besetzten Platz für diesen Unternehmer. Ist das jetzt keine freudige Nachricht, wenn die Buchhalterin MS-Diagnose bekommen hat. Aber andererseits, als betriebswirtschaftlich denkender Mensch sollte der Chef dann durchaus merken, dass das ihm über die nächsten Jahre hinweg 200.000, 250.000 Euro sparen kann. Da kann man ja schon mal ein paar extra Meilen gehen, wenn man sowas weiß. Und ich wundere mich, dass das eben gar nicht gesehen wird. Aber zurück zu deiner Frage, Offenlegung, was gibt es zu tun? Einfach eine sehr gute Kommunikation. Bei uns hat in einem Unternehmensbereich mit etwa 1000 Beschäftigten alle sechs Wochen jemand seinen Behindertenausweis gelegt. Irgendjemand gezeigt, wahrscheinlich HR oder den schwerbehinderten Vertrauensleuten. Wir brauchen die jetzt nicht von unserem Projekt. Wir sind ein agiles Projekt, drei Mitarbeitende, die sich um dieses Thema kümmern. Wir brauchen das nicht sehen, aber wir freuen uns natürlich, Wenn die Reise weitergeht und die Leute mit Offenlegung noch ein bisschen mehr vorhaben, weil sie dann einfach sagen, klar, ich bin da mal dabei, wenn ihr irgendwas macht. Wir haben jetzt eine Employee Resource Group on Inclusion gegründet, eine sogenannte ERG, die dem Austausch dient. Und da haben wir Ambassadoren gewinnen können, zwei Abteilungsleitende und einen Haufen Teamleitende, die bei uns mitmachen wollen, dieses Thema auch führungstechnisch besetzen zu können. Weil ohne die Führungskräfte klappt das natürlich alles auch nicht. Da kommt man nicht weiter. Und jetzt haben wir vor kurzem unsere Fachvorstände dazugewonnen. Das wissen die Leute jetzt vielleicht noch gar nicht bei uns im Unternehmen. Ich sage es aber trotzdem, wir werden ein Format haben, das den Austausch direkt von den Leuten, die offengelegt haben, bis hin zur Fachvorständin gibt. Es wird vermutlich ein nettes Mittagessen geben oder ein anderes Format. Und so geht Inklusion von oben nach unten und von unten nach oben. Und wenn das systemisch funktioniert und alle daran glauben, Dann freut sich der Leiter vielleicht, dass er weniger Ausgleichsabgabe bezahlt in Zukunft. Er wird aber trotzdem hoffentlich Mitgefühl haben und trotzdem die wichtigen Fragen stellen, was brauchst du, um mitarbeiten zu können. Und dann, wenn dann wirklich auch Hilfsangebote rüberwachsen, wenn dann zum Beispiel gesagt wird, Nadine, du hast es vorher angesprochen, Arbeitszeiten sind natürlich wichtig. Okay, in solchen Fällen, wenn jemand klar machen kann aus gesundheitlichen Gründen, Kann das alles schwierig sein. Verlassen wir den Bereich der normalen Arbeitszeitregeln, dann darfst du vielleicht über weite Teile 100% aus dem Homeoffice arbeiten, aber bitte komm trotzdem, weil du bist eine wertvolle Person. So geht Inklusion. Flexibel sein, reden mit den Leuten.
Speaker2
00:44:37
Nadine, du hast es sichtbar gemacht, hast du gesagt. Die Unsichtbarkeit sichtbar machen geht über Kommunikation, geht über Selbstbewusstsein, geht über sich trauen. Sind das die Schlüssel der unsichtbaren Behinderung sichtbar machen? Und, weil viele Menschen, die unsichtbare Behinderungen haben, fühlen sich nicht als Behinderte,
Speaker0
00:44:58
Ja, genau. Das stimmt tatsächlich. Ich wollte auch nie als behindert gelten, obwohl ich als Kind schon sehr deutlich behindert war oder behinderter war vielleicht als heute. Wobei, lässt sich darüber streiten. Ich hatte eine schwere Infektion direkt nach Geburt, um ein bisschen Kontext zu geben. Ostomelitis, das ist Knochenmarkinfektion, die ist ausgebrochen im Knie, hat sich weiter verbreitet in die Hüfte, in den Rücken, in den Kiefer, in den Finger und zwei Zehen. Das Ganze hatte zur Folge, dass sie mir quasi die Knochen zerstört hat und ich mehr als 25 Mal operiert werden musste. Ein paar normale Sachen waren auch dabei, wie Blinddarm und Galle, aber so 20, 22 fallen schon darauf zurück. Die dann dazu sorgten, dass ich A, wieder gehen kann, B, essen kann und so weiter. Weil heute habe ich ein künstliches Kiefergelenk, eine künstliche Hüfte, ein künstliches Knie, drei Stangen, 15 Schrauben und zwei Haken im Rücken. Sehr unschönen Mittelfinger und auch eine sehr starke Beinverkürzung. Also in Summe sage ich immer, ich habe eine Gehbehinderung, ich habe noch ein paar andere Diagnosen, bin auch sehr klein gewachsen, der Martin kennt mich persönlich. Ich bin nur 1,45, damit bin ich zu groß für Kleinwuchs. Das heißt dann Minderwuchs. Man weiß aber auch nicht genau, warum das jetzt mit der Infektion zusammenhängt oder nicht. Und genau das, wie du es auch angesprochen hast, dieses Unerklärliche, das bereitet den Leuten halt oft Schwierigkeiten. Also früher, ich hatte sämtliche Hilfsmittel, die es gab. Ich hatte einen Rollstuhl, ich hatte Krücken, ich hatte eine Schiene, ich hatte ein Korsett, ich hatte eine Zahnspange, ich hatte einen Gehstock, ich hatte einen Rollator. Also ich hatte, glaube ich, alles, was es so gibt, zumindest was Gehen angeht. Und damals war es ja schon sehr sichtbar. Aber ich habe mir immer gesagt, ich kann ja nichts dafür. Ich habe mir das ja nicht ausgesucht. Und die Leute haben mich sowieso immer angestarrt, weil ich, wenn ich laufen konnte, komisch gelaufen bin. Oder weil ich klein bin oder weil ich viele Narben habe. Und da habe ich mir gedacht, nö, dann sollen sie auch was zum Gucken haben. Also habe ich dann ein buntes Korsett gehabt. Ich hatte eine bunte Schiene. Bunte Rollstuhle gab es damals noch nicht. Bunte Krücken unter AMG-Stutzen, ich weiß, und habe mir gedacht, weil ich denke mir immer, ich habe mir das ja nicht ausgesucht und deswegen, ich glaube, viele schämen sich ja auch und diese Scham muss man einfach ablegen, weil. Wir müssen, wir leben ja damit und wie gesagt, ich habe es mir so nicht ausgesucht und das gehört nun mal so zu mir und das muss man auch nicht schön reden oder klein reden, aber das ist halt so, wie es ist. Und dann erwarte ich halt auch den gleichen Respekt, den anderen Menschen, die diese Einschränkung wie ich nicht haben, zu bekommen. Und im Laufe des Jahres, worauf ich hinaus möchte, ist. Dass ich durch die ganzen Operationen, ich habe die künstlichen Gelenke bekommen, das heißt, ich kann jetzt weitestgehend ohne Hilfsmittel laufen, ich brauche keinen Rollstuhl mehr, ich bin relativ mobil, ich kann zwar keine Treppen gehen, aber so, wenn ich bekleidet bin und gerade im Internet, so in diesem Ausschnitt, wo man nur den Kopf und den Oberkörper sieht, erkennt man nicht, dass ich eine Behinderung habe. Und ganz häufig, wenn ich dann von meinem Engagement erzähle, werde ich auf Events angeschaut und kriege dann so eine Antwort. Wo bist du denn behindert? Ich sehe ja gar nichts. Du siehst ja gar nicht behindert aus. Verstehe ich jetzt nicht. Also ganz viele brauchen halt diesen visuellen Ansatz. Aber meine Prothesen sind ja im Körper. Dann sage ich immer, ich kann dir gerne ein Röntgenbild zeigen. Da siehst du das. Und das finde ich halt immer so schade, dass man, wenn man nicht sichtbar behindert ist, dass man nicht ernst genommen wird und dass das einem abgesprochen wird. Oder man sich immer wieder erklären oder verteidigen muss. Und ich glaube, das ist so eine gewisse Besonderheit. Auch als ich eine sichtbare Behinderung musste ich mich auch erklären und verteidigen. Alle fragen ja dann immer nach den Diagnosen, manche natürlich auch aus echtem Interesse. Das will ich gar nicht absprechen. Jedoch ist es, glaube ich, nochmal eine andere Herausforderung. Vor allen Dingen, wenn du bereit bist, das jemandem zu erzählen und der dir dann sagt, ja, aber ich sehe ja jetzt gar nichts oder ja, okay. Und was habe ich jetzt damit zu tun? Bist du dir sicher, dass du jetzt diese Pause brauchst, um im Arbeitskontext zu bleiben? Das verunsichert einen natürlich. Und ich glaube, dass gerade dieses Mutigsein, sich selbst zu empowern und auch zu sich selbst zu stehen und sich auch selbst einzugestehen, okay, das hier ist jetzt meine Grenze, ich brauche jetzt eine Pause, dass man die dann entsprechend auch einfordert. Und das ist meiner Meinung nach sehr wichtig, allerdings auch ein Prozess. Ich habe früher alles getan dafür, dass ich bloß nicht als behindert gelte. Meine Meinung habe ich mittlerweile ja auch geändert und erzähle das ganz locker flockig, wie hier in deinem Podcast im Internet. Und ja, ich bin aber auch stolz darauf, denn Menschen mit Behinderung können stolz auf sich sein, denn wir leisten so viel mehr oder zusätzlich, wir müssen viel mehr Aufwand betreiben, um unser Leben zu gestalten und teilzuhaben und darauf kann man durchaus stolz sein und das sollte man noch viel mehr nach außen tragen. Sorry, jetzt weiß ich gar nicht, ob ich deine Frage beantwortet habe.
Speaker2
00:50:18
Alles gut, alles gut, sehr gut. Mir ist in einer Online-Diskussion, ich arbeite für ein Internetradio, wo auch ganz viele Menschen mit Behinderung aktiv sind. Ich möchte das Internetradio jetzt einfach bewusst nicht nennen. Die wissen, wo ich arbeite, wissen das. Und da entbrannte irgendwann mal eine Diskussion, als es um Inklusion, um Arbeit ging und so weiter. Und da gab es so unterschiedliche Aspekte auch, wo Menschen, die leider nicht so viel Glück im Leben hatten, Also nicht trotz wegen ihrer Behinderung die Arbeitswelt so erleben durften, viele Absagen bekommen haben, die dann irgendwie das Gefühl hatten, als die Menschen dann reagiert haben, die im ersten Arbeitsmarkt aktiv sind, erfolgreich sind und so weiter, als die dann darauf reagiert haben, gab es so eine Art, ja, ihr habt ja Glück oder ihr habt ja kein Gefühl für die Menschen, denen es nicht so gut geht oder die nicht das Glück hatten. Also es wird ganz, ganz viel vom Glück gesprochen. Jetzt sind wir drei hier in dieser Runde ja auch Menschen, die im ersten Arbeitsmarkt aktiv sind, auch noch erfolgreich, Führungskräfte und so weiter in guten Positionen und ganz viele auch, die wir so im Umfeld haben, sind das. Wie können wir denn den Menschen, die das Gefühl haben, Klammer auf, das Glück, Klammer zu, was es für mich nicht ist, sondern es hat auch was mit, das hast du ja schon gesagt, mit Engagement zu tun, mit Mut zu tun, mit Kraft zu tun. Wie können wir denen Menschen mit auf den Weg geben, dass es nicht nur an Glück hängt, ob ich jetzt in dieser Arbeitswelt, in diesem Leben aktiv bin?
Speaker0
00:51:47
Also da kann ich zu sagen, es war bei mir definitiv kein Glück. Es war sehr, sehr viel harte Arbeit. Ich bin ursprünglich gelernte Bankerfrau und ich habe das so wie bei Martin auch erleben müssen dürfen, dass wenn ich meine Behinderung reingeschrieben habe, dass ich komplett abgelehnt wurde. Also ich wurde noch nicht mal eingeladen und ich habe wirklich gute Zeugnisse gehabt. Dann habe ich es weggelassen und habe dann, wurde ich eingeladen. Ich bin aber ein sehr ehrlicher Mensch und habe gesagt, es könnte sein, dass ich noch Operationen vor mir habe. Das wusste ich schon, aber es war noch nicht ganz klar, wann die halt stattfinden würden. Und daraufhin gab es halt nur Absagen. Und ich war, ich habe auch hunderte Bewerbungen geschrieben, genauso wie Martin. Und ich behaupte mal, ich bin nicht auf den Mund gefallen. Ja, ich kann mich gut verkaufen. Ich habe gute Zeugnisse gehabt. Und trotzdem habe ich keine Einstellung gefunden. Und was habe ich gemacht? Mein erster Job war tatsächlich, man sagt mir eine sehr schöne Telefonstimme nach, ich hoffe, die Hörerinnen und Hörer können das hier nachvollziehen. Ich habe in einem Callcenter gearbeitet. Also völlig unter dem, behaupte ich jetzt mal, von der Qualifikation her, zu dem, was ich gelernt habe. Und zwar habe ich nach meiner Ausbildung ein Jahr in der Bank gearbeitet. Und ich bin dann gestartet tatsächlich als Callcenter-Agentin und habe im Outbound, so heißt das, also ich habe Leute angerufen und den ISDN, gibt es heute nicht mehr, Einschlüsse verkauft. Es waren nur zwei Wochen, aber das war so mein erster Job und dann bin ich intern bei ADECO gewechselt. Dann hat man mein Potenzial gesehen und hat gesehen, hey, die Nadine ist engagiert, die hat was drauf und dann habe ich die Chance bekommen, intern bei ADECO zu wechseln und habe mich dann langsam hochgearbeitet, wie alle anderen auch. Aber ich musste erst mal die Chance kriegen oder den Einstieg zu bekommen. Und um diesen Einstieg zu bekommen, muss man manchmal vielleicht auch ein, zwei, drei Schritte zurückgehen und zu sagen, okay, ich habe zumindest jetzt einen Fuß in der Tür, um dann weiter vorwärts zu gehen. Und das ist, also bei mir war das jetzt absolut kein Glück, sondern ich habe mich dann auch ständig weitergebildet. Ich habe aktiv eingefordert, dass ich befördert werden möchte und so weiter und so fort. Also es kommt auch ohne Behinderung niemand auf dich zu und sagt, hey Sascha, du, ich sehe dich hier als Führungspersönlichkeit. Hast du nicht Lust, hier den und den Job zu machen? So funktioniert das ja leider nicht in der realen Welt, sondern man muss schon aktiv immer an sich arbeiten und vielleicht auch mal bereit sein, einen Schritt zurückzugehen. Das war jetzt das, was ich gemacht habe und was bei mir dann letztendlich funktioniert hat. Ich bin jetzt über 20 Jahre bei der ADECO-Gruppe in unterschiedlichen Positionen. Ich habe mich ständig weiterentwickelt, weitergebildet. Und auch das ist halt sehr, sehr wichtig, dass man auch sich weiterentwickelt und wie gesagt, vielleicht auch mal einen Schritt zurückgeht.
Speaker2
00:54:43
Wie siehst du das, Martin? Was könnte man den Menschen mit auf den Weg geben? Das hat ja auch teilweise, geht mir mal wieder so durch den Kopf, das hat ja mit Mensch zu tun, nicht unbedingt auch immer mit der Behinderung.
Speaker1
00:54:55
Ja, ich überlege gerade, so impulsiv habe ich gerade das Gefühl, es wird jetzt sehr viel gesagt, was die Menschen mit Behinderung alles machen müssen. Und das ist wohl richtig. Das, was du erzählst, Nadine, wie viel Resilienz, wie viel Durchsetzungsstärke musstest du aufbringen, um auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein. Ich auch. Ich habe nach 130 Bewerbungen über ein Praktikum, ein sehr gering bezahltes Praktikum auf dem Arbeitsmarkt angefangen. Da hatte ich allerdings dann den richtigen Riecher. Das war dann der ehemalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg, der mir die Chance gegeben hat, Lothar Späts in Jena. Das war dann mein Büchsenöffner für meinen Seville, wo der Markenname Schwerbehinder draufstand. Danach habe ich dann dafür gesorgt, dass, als ich nach fünf Jahren weggegangen bin aus Jena, der Markenname Lothar Späth ja damals so viel wert war, die jüngeren Hörer wissen das nicht mehr, wie der bayerische Ministerpräsident oder wie bekannte Ministerpräsidenten in diesem Land. Aber Ich würde schon auch ein bisschen sagen, erstens Mitgefühl bitte für die Leute, die jeden Tag aufstehen und trotzdem nicht aufgeben. Und wir sehen euch da draußen. Wir sehen euch, dass ihr wirklich nicht aufgebt und resilient seid. Und bitte auch nochmal die Unternehmer dieses Landes, die Unternehmerinnen, die 47.000 Unternehmen, die das bislang nicht auf die Reihe bekommen haben. Erstens, seht es als betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, vorwärts zu kommen. Der Arbeitsmarkt ist leergefegt. Was macht ihr in Zukunft dann noch, wenn der Buchhalter mit 50 eine Krebsdiagnose hat? Macht ihr das wie euer Vater auch einfach raus aus dem Unternehmen, Frühverrentung? Nein, betriebswirtschaftliche Notwendigkeit heißt heute auch, an Mitarbeitenden festzuhalten, die besondere Bedürfnisse haben und der Buchhalter, meistens bleibt der ziemlich genau so, wie er vorher auch war oder die Buchhalterin. Also Mitarbeitende, ganz egal ob mit oder ohne Behinderung, als wertvolle Ressource betrachten. Das ist das, was ich gerne mit diesem Podcast weitergeben würde. Es ist eigentlich eine Aufgabe wie die ökologische Transformation dieses Landes, die soziale Transformation im Unternehmensbereich. Die steht noch aus.
Speaker2
00:57:41
Ich würde das gerne aufgreifen und aber nochmal die Ämter mit ins Spiel bringen. Weil ich habe aber auch das Gefühl, dass wenn jetzt eine Person im Laufe ihres Lebens an einer Behinderung oder eine Behinderung erhält, sage ich mal so, dass da oft die Ämter unfähig sind, die nötigen Rehabilitationsmaßnahmen, die Förderungen von Blindenschrift bis vielleicht andere Sachen, Anpassung der Arbeitsplätze oder Einarbeitung, Umschulung und so weiter, dass es auch daran scheitert. Ist es auch das, was du mitbekommst, Nadine? Das ist da auch, also die Unternehmen, absolut, Martin, will ich nicht unterschätzen, die müssen nur in die Pflicht nehmen, aber die Unternehmen alleine reichen uns gar nicht vielleicht.
Speaker0
00:58:22
Absolut, also ich glaube, ich habe auch viel einfach auf Hilfsmittel verzichtet, jetzt aus meiner persönlichen Erfahrung, weil mir das absolut zu nervig war, das alles zu beantragen. Ich glaube, ich könnte noch viel, theoretisch noch mehr Hilfsmittel oder sehe halt bei anderen Menschen, die eine ähnliche Behinderung haben. Ich kenne jemanden, der ist genauso groß oder klein wie ich und er hat so einen Fahrzeugumbau. Den habe ich zum Beispiel gar nicht. Also ich sitze immer ganz vorne und fahre mit so einem Kissen und alles relativ unbequem. Beim Autofahren sage ich mal, ich fahre auch Automatik. Und dann sagt er, nö, wieso, du kannst ja doch dein Auto umbauen. Ich so, was? Wusste ich gar nicht. Also ich glaube schon, dass dadurch auch sehr, sehr viel erschwert wird und auch viele Sachen werden ja beim ersten Mal auch einfach abgelehnt. Ich habe eine Freundin, die hat zwei Kinder, der Sohn hat ADHS und ist Autist und die Tochter hat auch ADS und der Sohn hat auch eine Integrationskraft und so weiter. Und was sie alles kämpfen muss für Hilfsmittel oder Beantragungen, das ist echt unglaublich, jetzt mal aus der betroffenen Perspektive. Und ich glaube, das verhindert auch ganz viel, weil wir. Wenn ich gewisse Dinge vielleicht bräuchte, ein anderes Telefon oder Headset, also Telefongerät oder du brauchtest eher einen anderen PC zum Beispiel, dann wo beantrage ich das? Wer genehmigt das? Das sind ja alles Zusatzaufwände, die entweder die Person selber oder das Unternehmen betreiben muss, um die Person dann auch ordnungsgemäß auszustatten mit einem Arbeitsplatz. Und das ist natürlich anstrengend und auch nervig und dann wird es nicht genehmigt und man versteht die Welt nicht mehr. Also da habe ich ja schon die absurdesten Dinge gehört. Eine Person ohne Arme und Beine muss irgendwie alle zehn Jahre seinen Schäbinausweis gefühlt neu beantragen beziehungsweise bestätigen, dass ihm immer noch keine Arme und Beine gewachsen sind. Also da gibt es ja wirklich die absurdesten Geschichten und da müssen wir auf jeden Fall nochmal ran. Die Ämter sind tatsächlich Ämter und sehr häufig bürokratisch und meiner Meinung nach kann ganz häufig auch der Sachverhalt gar nicht so richtig beurteilt werden oder wird halt erstmal grundsätzlich falsch beurteilt. Und erst in der zweiten Instanz bekommen dann ganz viele leider ja dann auch erst die benötigten Hilfsmittel oder Ressourcen in Form von Geld oder etc. Also da ist noch sehr viel Luft nach oben, meiner Meinung nach.
Speaker2
01:00:52
Martin, wie ist deine Erfahrung mit den Ämtern? Das ist die zweitletzte Frage auch an dich und dann habe ich noch eine allerletzte Frage an euch beide. Dann sind wir auch schon am Ende des Podcasts. Aber wie ist deine Erfahrung mit den Ämtern? Ihr habt ja ganz viele Menschen mit Behinderung dazugewonnen. Und da dürften wahrscheinlich auch die Ämter ein bisschen mitwirken wegen Arbeitsplatzanpassung und so weiter und so fort. Wie ist das bei euch oder wie ist deine persönliche und berufliche Erfahrung?
Speaker1
01:01:12
Wir sind gerade an einem ganz spannenden Prozess. Ich arbeite für den international orientierten Bereich Entwicklungsbank der KfW. Wir haben ja einen internen Bereich auch, also einen auf Deutschland orientierten Bereich. Im internationalen Kontext sind die Barrieren für Menschen mit Behinderung vielleicht auch nochmal andere. Wir haben jetzt das Go von unserem Management bekommen, dass wir diesen Weg gehen dürfen, barrierefreies Reisen für Menschen auszutesten. Wir wissen von Leuten, die das schon gemacht haben, dass die Ämter im Zweifel das auch bezahlen, eine Assistenzkraft mitzuschicken nach Malawi oder sonst irgendwo. Es muss jemand beantragen. Und mich erfüllt es mit einer großen Freude und einer großen Dankbarkeit an unser Management und auch an die Kooperation mit der Hochschule St. Gallen, die uns da hilft, weil, klar, barrierefreies Reisen, das denkt ja nicht jeder Unternehmende daran, dass das ein großes Thema ist. Aber in einem Bereich, wo das viel kostet, ist das schon ein Thema, ob da ein Amt einspringt. Und wir wissen, wie gesagt, aus berufender Quelle, da gibt es einen gehörlosen Menschen, der bei uns in der Bankengruppe arbeitet, der uns das sagt, das geht schon, das kriegen wir schon hin. Und jetzt gehen wir diesen Weg und mein Unternehmen ist Gott sei Dank bereit, da mal in die Vorfinanzierung zu gehen und wir schauen dann, was rauskommt. Also unternehmerischer Mut, unternehmerische Resilienz und Durchsetzungskraft gilt dann eben auch für die Kommunikation mit den Ämtern. Und bitte helft den Leuten, die betroffen sind bei diesen Anträgen. Es ist ja ein Jammerspiel, wenn ein Unternehmen eine arbeitnehmende Person allein lässt im Konzert mit den Ämtern. Bitte helft denen. Das ist euer Business. Ihr braucht Mitarbeitende.
Speaker2
01:03:13
Nadine, du machst Vorträge, du bist engagiert im Bereich Inklusion. Martin, du ganz stark auch in diesem Thema mit drin. Mir ist in den letzten Monaten und Jahren immer wieder oder letzten Jahr, auch vor allem, wo ich mich mit dem Thema Arbeit beschäftigt habe, immer wieder in den Kopf gekommen, dass wir ja im Moment noch leider eine Gesellschaft haben, wo wir versuchen, den Menschen in dieses Korsett des Arbeitsplatzes zu pressen. Also mal nicht zu, wir zwingen ihn da rein. Also der Arbeitsplatz ist da und entweder du passt da drauf oder du gehörst nicht zu uns. Wie kriegen wir, das ist meine letzte Frage an euch beide, verbunden mit der Glaskugel, was ihr euch für die Zukunft wünscht, wie kriegen wir die Arbeitgebergesellschaft umgeswitcht auf das Bild, dass der Arbeitsplatz dem Menschen angepasst werden soll und nicht umgekehrt? Ich würde gerne mit Nadine anfangen.
Speaker0
01:04:07
Eine sehr schwierige Frage.
Speaker1
01:04:09
Wenn ich darauf eine Antwort hätte,
Speaker0
01:04:11
Wäre ich, glaube ich, schon reich. Aber ich sehe das genauso. Man sollte potenzialorientiert, sage ich immer, schauen und nicht, wie du es gesagt hast, das ist der Arbeitsplatz und entweder passt das für dich oder nicht. Ich glaube, wir sind da schon auf einem besseren Weg, was so zumindest in der kaufmännischen Welt, was so Flexibilität des Arbeitsortes angeht, als auch in der Arbeitszeit. Das geht ja nun mal auch nicht in jedem Beruf, das müssen wir auch ganz klar ja so sagen. Die Menschen müssen einfach offener werden und ich glaube, weil die Menschen ja auch einfach viel, viel älter werden, wird es auch zukünftig vielleicht auch mehr Menschen mit mehr Einschränkungen geben, einfach weil wir älter werden. Also irgendwann wird ja jeder mal Schwierigkeiten mit dem Sehen und mit dem Hören oder vielleicht auch mit dem Gehen bekommen im Laufe des Lebens. Und das lässt sich halt nicht aufhalten. Also viele denken immer, das ist so ein Sonderthema, weil es einen persönlich vielleicht gerade nicht betrifft. Aber das heißt ja nicht, dass es immer so sein wird. Und ich sage immer, ich frage auch immer gern so in Vorträgen oder Menschen, mit denen ich dich überzeugen möchte, frage ich mal gern, hast du eine Haftlichtversicherung? Dann sagen die Leute ja. Hast du eine Autoversicherung? Ja, habe ich. Trägst du einen Helm am Fahrradfahren? Da sagen die meisten zumindest ja. Dann sage ich immer, ja, warum machst du das? Oder warum hast du diese Versicherung? Und dann sagen die Leute immer, ja, aus Vorsorge. Und dann sage ich, ja, genau das Gleiche ist Inklusion. Stell dir vor, oder also Tätigkeiten, um Inklusion umzusetzen. Stell dir vor, du brauchst es irgendwann und es wäre schon da, wäre das nicht super. Und das ist für die Leute sehr augenöffnend. Ich glaube, ich kann deine Frage gar nicht so genau beantworten. Es muss sich noch sehr, sehr viel tun, im Wahrnehmung von Menschen mit Behinderung einfach als Menschen zu sehen, aber dennoch die Bedürfnisse zu berücksichtigen. Ich glaube, das ist so ein schmaler Grat. Und da haben wir, glaube ich, alle gemeinsam vielleicht auch noch nicht die richtige Balance gefunden. Ich glaube, so eine super schlaue Antwort habe ich leider gar nicht darauf.
Speaker2
01:06:19
Martin, versuch du mal
Speaker1
01:06:22
Ich glaube schon, um dein Wort, die Balance aufzugreifen, Nadine, ich glaube schon, dass die deutschen Unternehmen, finde ich, genug sind, mit der Knappheit an den Arbeitsmärkten umzugehen. Und dass die dazu lernen, dass das wirklich eine knappe Ressource ist, weil die deutschen Unternehmen haben vieles gelernt über die Jahrzehnte hinweg. In den 80er Jahren war Technologie und Forschung und Entwicklung ein großes Thema und heute ist es eben auch Arbeitgeberattraktivität. Und diejenigen Unternehmerinnen werden erfolgreicher sein, die eine resiliente und akzeptierende Unternehmenskultur aufgebaut haben, weil die sind wetterfest gemacht. Und die anderen, die das noch nicht gelernt haben, die machen vielleicht einen Kurs, die melden sich vielleicht beim Unternehmensforum an oder buchen uns als SpeakerInnen, Nadine oder mich und die investieren in die Unternehmenskultur. Ich erinnere an die Zahl, 9000 Euro zahlen die Unternehmen für 0,0, wenn sie 0,0 haben. Das ist viel Geld, da kann man viel machen und ich bin sicher, dass das ein immer größer werdendes Thema ist und ich nehme wahr, es gibt einige spezialisierte Unternehmen, die im Moment gemerkt haben, dass der deutsche Markt spannend ist. Da gibt es Gespräche, die wollen investieren. Und schön, das zu sehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir in fünf oder in zehn Jahren einen anderen Besatz an Inklusionsunternehmen, an GGMBHs haben werden, die den Unternehmerinnen helfen, die gemerkt haben, dass die Unternehmenskultur einen Flaschenhals darstellt.
Speaker0
01:08:26
Nadine Schönwald, Martin Schmid Daniel: .
Speaker2
01:08:29
Herzlichen Dank für eure sehr spannenden Äußerungen, eure sehr spannenden Analysen. Und ich hoffe, wir konnten und wir können mit diesem Podcast vielleicht, und wenn es nur ein Arbeitengeber ist, den wir überzeugen können, dass er sich mit dem Thema Menschen mit Behinderung in seinem Unternehmen beschäftigt, dann haben wir schon was erreicht. Vielen Dank euch beiden und eine schöne Zeit.
Speaker0
01:08:48
Vielen Dank.
Speaker1
01:08:48
Vielen Dank, dass wir da sein durften heute, Sascha.
Music
01:08:52
Speaker0
01:09:02
Für den Inklusator Sascha Lang bedeutet Inklusion, Inklusion ist ein Gesellschaftsprojekt. Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch ganz natürlich dazugehört. Egal wie du aussiehst, welche Sprache du sprichst oder ob du eine Behinderung hast. Inklusion heißt Teilhaben. Wir möchten dich mit unserem Podcast dazu motivieren, bereits jetzt an der Gesellschaft teilzunehmen. Denn nur so können Barrieren abgebaut werden. Barrieren, die nicht nur im Alltag bestehen, sondern auch in den Köpfen. Lasst uns diese gemeinsam abbauen.
Speaker1
01:09:45
Das war der Podcast Igel Inklusion ganz einfach leben mit eurem Inklusator Sascha Lang.
Music
01:09:51
Speaker0
01:09:58
Igel. Inklusion. Ganz einfach leben. Wird dir präsentiert von Inklusator. Infos zum Inklusator und weitere Folgen findest du unter www.igelmedia.com.
Music
01:10:14
Speaker0
01:10:20
Du möchtest uns kontaktieren? Dann schreibe uns eine Mail an moin.eaglemedia.com.
Music
01:10:26