Begehrt, benutzt, begrenzt? - Wenn Behinderung zum Fetisch wird –
Sonntag Trifft IGEL – der Sonntagstalk mit Jennifer Sonntag und Sascha Lang
23.11.2025 42 min Sascha Lang & Jennifer Sonntag
Zusammenfassung & Show Notes
Begehrt, benutzt, begrenzt? - Wenn Behinderung zum Fetisch wird –
Sonntag Trifft IGEL – der Sonntagstalk mit Jennifer Sonntag und Sascha Lang
In dieser Episode von „Sonntag trifft IGEL“ sprechen Jennifer Sonntag und Sascha Lang über ein Thema, das viele betrifft, über das aber kaum jemand spricht: Was passiert, wenn Behinderung nicht nur als Merkmal wahrgenommen wird, sondern zum Objekt sexueller Begierde wird? Unter dem Titel „Begehrt, benutzt, begrenzt? – Wenn Behinderung zum Fetisch wird“ öffnen beide einen wichtigen, sensiblen und oft tabuisierten Raum.
Zu Beginn blicken sie auf die Rückmeldungen zur vorherigen Folge, in der es um Heilung, Hoffnung und Identität ging. Viele Hörer*innen haben beschrieben, wie belastend es ist, immer wieder mit der Frage konfrontiert zu werden, ob eine Behinderung „behandelbar“ sei – besonders dann, wenn es keinerlei realistische medizinische Perspektiven gibt. Ein klarer Tenor: Auch ohne Heilung kann ein Mensch ein erfülltes, selbstbestimmtes Leben führen.
Von dort aus führt der Weg direkt zum Kernthema dieser Folge: Behindertenfetisch und Blindenfetisch. Jennifer erläutert, warum sie den Begriff bewusst klar benennt und nicht verharmlost. Sie berichtet von Situationen, in denen sie nicht als Mensch wahrgenommen wurde, sondern allein als Projektionsfläche für die Fantasien anderer – von manipulativem Interesse über grenzüberschreitende E-Mails bis hin zu echtem Stalking. Die typischen Muster dahinter ähneln sich: ältere Männer, die gezielt blinde oder behinderte Frauen suchen, in der Hoffnung auf „Dankbarkeit“ oder „Anschmiegsamkeit“, und Menschen, die glauben, die Behinderung mache einen leichter kontrollierbar. Ein gefährliches Zusammenspiel aus Ableismus, Frauenfeindlichkeit und Machtgefällen.
Ein wichtiger Teil des Gesprächs dreht sich um die Frage, wo die Grenze zwischen einvernehmlichem Kink und verletzendem Fetisch verläuft. Sascha bringt dabei das verbreitete Klischee zur Sprache, blinde Menschen würden nur den Charakter sehen. Beide stellen klar: Körperlichkeit, Ästhetik und gegenseitige Attraktivität spielen selbstverständlich auch bei blinden oder sehbehinderten Menschen eine Rolle. Entscheidend ist nicht, dass jemand Menschen mit Behinderung begehrt, sondern wie – und ob das Begehren den Menschen sieht oder nur die Behinderung.
Jennifer erklärt außerdem, warum Menschen mit Behinderung besonders verletzlich sein können: Abhängigkeiten, Assistenzsituationen, gesellschaftliche Unsicherheiten und die Hoffnung auf Nähe können ausgenutzt werden. Sie betont: Ein „Ja“ ist nur dann ein Ja, wenn es wirklich frei ausgesprochen wird. Schweigen ist kein Ja. Angst ist kein Ja. Druck ist kein Ja.
Trotz aller schwierigen Erfahrungen zeigen beide aber auch positive, empowernde Perspektiven: Es gibt selbstbestimmte Räume wie queere Kink-Communities, in denen Menschen mit Behinderung lustvoll, sicher und auf Augenhöhe ihre Sexualität leben können – ohne Objektifizierung, ohne Übergriffigkeit, ohne Machtmissbrauch.
Zum Abschluss laden Jennifer und Sascha ihre Community ein, eigene Erfahrungen – gern anonym – zu teilen: belastende Begegnungen, aber auch schöne
Und Hier interessante Links:
Hier ein aufschlussreicher Beitrag vom ZDF:
Und hier der Artikel aus dem Vice-Magazin:
Hier geht es zu Jennifer Sonntag:
Links zum IGEL Podcast
Podcast „IGEL – Inklusion Ganz Einfach Leben“
Webseite: http://www.inklusator.com <http://www.inklusator.com>
Socialmedia:
Transkript
Ich bin Igel. Inklusion. Ganz einfach leben.
Podcast für gelebte Inklusion.
Mit eurem Inklusator Sascha Lang.
Jägel Inklusion, ganz einfach eben der Podcast für geliebte Inklusion.
Herzlich willkommen, das ist die Episode 295 von unserem Podcast und wir freuen
uns, mit euch zusammen zu sein.
Ein Sonntag später, als sonst immer normalerweise erscheint,
diese Ausgabe immer am dritten Sonntag, diesmal am vierten Sonntag,
weil die Termine einfach nicht gepasst haben.
Zu Gast wird gleich Kollegin Jennifer Sonntag und wir sind im Sonntag trifft Igel.
Das Thema heute habt ihr schon am Titel gelesen.
Etwas besonderes. Lasst euch überraschen. Gute Unterhaltung wünsche euer Inklusator Sascha Lack.
Regel-Inklusion, ganz einfach leben. Wer auf den Kalender schaut,
sieht, das ist der vierte Sonntag im Monat und der erstaunt sich jetzt gerade,
warum heute eine Episode erscheint, die an sich prinzipiell immer am dritten
Sonntag im Monat erscheint, aber manchmal brechen wir mit Regeln,
weil die Zeit es uns nicht erlaubt, immer dann sich zu treffen,
wenn es so ist. Es ist Sonntag und das ist wichtig.
Und es ist der vierte Sonntag. Also wir denken uns einfach mal den dritten Sonntag.
Herzlich willkommen. Jennifer Sonntag zu Sonntag trifft.
Egel. Ich grinse hier schon im Hintergrund vor mich hin und dachte,
Sascha, was machst du jetzt für ein Spagat?
Du lässt jetzt unsere Hörerschaft eine Rückwärtsrolle machen,
aber das ist auch mal nicht schlecht.
Ja, ich kam jetzt selber nicht mehr aus diesem Knoten raus.
Das ist gar nicht schlimm. Wir sind an deinem Sonntag und wir talken zusammen. Sonntag trifft Igel.
Ja, und es ist Zeit, über ein spannendes Thema zu sprechen.
Bevor wir das Thema enthüllen, was du mir hier kurz vor der Aufnahme enthüllt
hast, worüber du heute sprechen willst. Das ist immer auch für mich manchmal so.
Du spielst so ein bisschen das Spiel wie ich mit Ottmar. Er weiß auch nicht
immer, welche Fragen er beim Monatsrückblick kriegt. Und ich weiß nicht immer,
welches Thema wir besprechen.
Aber das ist die Spontanität. Gibt es noch irgendwelche Feedbacks von unseren letzten Ausgabern?
Ja, die gibt es tatsächlich. Also es ging ja darum, dass wir darüber gesprochen
haben, wie sich das für uns anfühlt, wenn wir immer so Dinge hören wie blinde
Menschen wiedersehend machen.
Man kennt das ja aus der Historie, Lahme wiedergehend machen.
Und natürlich ist das so ein großer Wunsch auch der Medizin und natürlich auch
ein großer Wunsch von Betroffenen selbst. Und manche Betroffene sagen,
nee, also das ist eigentlich gegen meine Identität.
Ich möchte nicht ständig gefragt werden, ob man denn da nichts machen könne
gegen die Behinderung, weil eigentlich leben wir ja das soziale Modell von Behinderung.
Man ist nicht behindert, man wird behindert und möchte nicht ständig irgendwie
hören, dass ich an mir rumschnippeln soll und dann wäre alles wieder gut.
Und das funktioniert auch nicht bei allen Behinderungen, nämlich dann,
wenn überhaupt nicht vorauszuschauen oder vorauszusehen ist,
dass da operativ überhaupt was möglich ist.
Und in die Richtung gingen auch viele Feedbacks.
Also in der Folge haben wir ja überwiegend auch von Behinderungen oder Erkrankungen
gesprochen, wo es so eine Zukunftsvision gibt, zum Beispiel bei den Netzhauterkrankungen.
Da forscht man ja tatsächlich.
Damals gab es den Netzhautchip. Das ging nicht so ganz auf die Rechnung.
Und dann denkt man jetzt über Innovationen nach und muss mal so in sich reinfühlen.
Ja, erliege ich jedes Mal auch diesen Wünschen oder nicht oder wie oder was.
Oder bei Parkinson oder im ECFS habe ich selber auch ganz große Hoffnung.
Aber uns haben viele Menschen geschrieben, die Behinderung haben,
wo es gar keine Forschung dazu gibt, weil man da einfach auch überhaupt nichts machen kann.
Da hat man das einfach für sich irgendwann zu akzeptieren gehabt.
Und auch für diese Menschen ist es schwer, immer wieder damit konfrontiert zu sein.
Naja, bei manchen Behinderungen kann man ja vielleicht mal was machen, bei meiner aber nicht.
Das ist ja auch wieder eine neue psychische Herausforderung.
Und deswegen bündlicht das jetzt einfach mal auch unter einem Punkt.
Es gibt einfach Erkrankungen oder Behinderungen, wo wir akzeptieren müssen,
Und da gibt es noch nicht mal eine Forschung dazu, weil man da nichts tun kann.
Und das lässt sich so schwer akzeptieren, manchmal auch von außen,
auch von der Gesellschaft.
Und deswegen werden wir so häufig konfrontiert mit der Frage,
naja, warst du damit schon mal beim Arzt? Kann man denn da nichts machen?
Und ich habe doch neulich in der Zeitung gelesen, da gibt es doch jetzt was.
Sehr schön. Also insgesamt glaube ich so ein bisschen auch das,
was wir herausgefunden haben, ganz spannend.
Aber man muss nicht auf jedes Pferd springen, was da daher reitet.
Weil ja da noch nicht mal in jedem Fall ein Pferd daher reitet,
wo man aufspringen kann.
Richtig. Holzpferd. Das ist für die Menschen ja sehr schön und auch ein Hoffnungsschimmer,
wo geforscht wird. Aber bei manchen Behinderungen kann man einfach nichts tun.
Und das muss man vielleicht an der Stelle auch akzeptieren, dass man mit der
Behinderung auch erfüllt und glücklich leben kann.
Und vielleicht müssen wir auch daran arbeiten, wie man einfach für sich einen
Weg findet, sich zu identifizieren mit Behinderungen und auch ein selbstbestimmtes Leben zu haben.
Jetzt haben wir das Thema angenommen. Wir haben eine Behinderung.
Für den einen oder anderen ist sie nicht mehr rückgängig machbar.
Und jetzt gibt es aber Menschen oder Fetische auf dieser Welt,
die absolut auf Thema Behinderung abfahren.
Das war ein guter Spagat, finde ich. Den habe ich gut hingekriegt.
Jenny, erklär uns mal kurz, was ist das Thema, was du heute ansprechen willst?
Ja, ich wollte tatsächlich mal über das Thema Behindertenfetisch oder Blindenfetisch sprechen.
Ich benutze jetzt auch mal wirklich eine ganz platte Formulierung,
weil dazu gibt es ganz viele Fachbegriffe, auch akademische Auseinandersetzungen, auch Forschung.
Und ich möchte das gar nicht in der Schmuddelecke haben, sondern es ist ja ein
Thema, was durchaus auch belasten kann.
Also viele Menschen mit Behinderung möchten ja nicht als Objekt betrachtet werden.
Ich habe zu dem Thema auch einschlägige Erfahrungen gemacht und arbeite auch
dazu. Deswegen ist mir wichtig, dass wir darüber reden.
Und auf der anderen Seite gibt es ja, wie in vielen Bereichen in unseren Communities,
auch eine selbstbestimmte Bewegung zum Thema Behinderung und Sexualität und
das, was wir uns vorstellen.
Und deswegen würde ich gerne einfach mal ein bisschen einerseits aus dem Nähkästchen
plaudern und andererseits auch mal schauen, wie es euch mit dem Thema geht.
Weil ja, ich glaube, eigentlich Liebe, Lust und Leidenschaft Das ist in aller
Munde, aber es gibt so bestimmte Themen, wo man immer nicht so richtig weiß,
wie soll man die anfassen und die wollen wir heute mal anfassen.
Ich packe da jetzt noch ein Klischee drauf, passiert das denn eher Frauen mit
Behinderung als Männer mit Behinderung?
Weil ich habe das jetzt noch so nicht bewusst erfahren, dass ich wegen meiner
Blindheit zum Sexualobjekt geworden bin,
wenn ich das mal so ein bisschen pauschal und plump ausdrücken durfte.
Also vielleicht ist es passiert und es ist mir nicht aufgefallen,
aber bis jetzt bewusst nicht.
Auch dazu gibt es Forschung und das liegt natürlich nahe, dass es so ein bestimmtes
Frauenbild ist, worauf bestimmte Menschen oder Männer abfahren,
weil die dann denken, naja,
Frauen mit Behinderung sind besonders hilflos oder besonders dankbar oder besonders anschmiegsam.
Und vielleicht ist das jetzt die perfekte Konstellation für mich.
Manchmal sind das auch bewusst ältere Herren, die sich dann an Frauen mit Behinderung wenden.
Das kann ja auch Gründe haben, warum man dann denkt, ich finde keine Frau,
ich habe keine gefunden.
Aber die mit Behinderung, die ist dann froh, dass sie mich noch abbekommen hat.
Und viele Frauen mit Behinderung denken ja immer, sie sind so ein Einzelfall.
Und denen passiert das und man redet da nicht gern drüber. Und auch hier ist
es so, wenn man sich das anguckt, es ist tatsächlich ein strukturelles Phänomen,
was man auch in akademischen Abhandlungen sieht.
Das ist nicht so, wie ich das auch lange gedacht habe, kriege ich nur solche
E-Mails oder passieren mir nur solche Geschichten.
Das bietet sich regelrecht manchen Männern so an, weil es ja leider gesellschaftlich
immer noch ein komisches Frauenbild gibt, nicht nur im Bereich Behinderung,
aber kommt Behinderung noch dazu, dann kann man natürlich da schöne Klischees draufsetzen.
Die hilflose Frau, die dankbare Frau, das Machtgefälle.
Ich kann da vielleicht noch besonders gut kontrollieren, wenn die zum Beispiel
blind ist oder wenn die nicht weglaufen kann.
Und ja, da hast du recht, Sascha. Deswegen interessiert mich da auch deine Sicht der Dinge.
Natürlich soll das nicht heißen, dass nicht auch Männer in merkwürdige Situationen geraten können.
Aber da können wir ja auch im Laufe der Folge noch ein bisschen drüber reden.
Also mir bewusst ist das nicht passiert, muss ich dazu sagen.
Ich habe schon oft das Argument gehört, ja, blinde Menschen,
jetzt auf blind reduziert, sage ich mal einfach so, ja, die sehen ja dann eher
das Innere, nicht das Äußere.
Also wir uns Männern dann hauptsächlich, aber ich denke dann auch Frauen,
aber eher ist es ja bei Männern so, dass die dann die Frauen nicht auf das Äußere
reduzieren, sondern eher das Innere gucken. Das hört man ja ganz oft und ganz regelmäßig.
Das hatten wir ja, glaube ich, schon mal vor, wir müssen jetzt anderthalb Jahren
her sein in einer Folge, wo ich aber klar damit aufgeklärt habe,
dass für mich das Äußere als blinde Mann auch eine Rolle spielt.
Du erinnerst vielleicht noch an diese Folge.
Das heißt, also das ist mir schon eher passiert, dass gedacht wird,
dass der Blinde sieht ja die Frau nicht oder die blinde Frau sieht den Mann nicht.
Und dann wird ja nur auf das Innere geguckt und das Äußere ist an sich egal.
Oder man könnte sich auch als sehender Partner dann eventuell gegebenenfalls mal gehen lassen.
Das sind so praktische Erwägungen, die man dann hat.
Wo man so denkt, ja okay, vielleicht habe ich Vorteile bei einem blinden Partner
oder andere denken, dass der legt vielleicht nicht so viel Wert auf Äußeres
oder ich bin mir da meiner Sache recht sicher, weil der wird mir schon nicht abhauen oder so.
Was natürlich auch Quatsch ist, weil auch ein blinder Partner oder ein blinder
Mann kann sich nach anderen Frauen in Anführungsstrichen umschauen und man hat
da nicht die sichere Bank, weil man jetzt einen behinderten Mann gepflügt hat sozusagen.
Aber das können ja manchmal auch so Gedanken sein oder so ganz tiefe,
unreflektierte Beweggründe, die Menschen manchmal haben, die auch bei Frauen
umgekehrt eine Rolle spielen können, wenn sie sich einen Mann mit Behinderung
suchen. Aber es gibt auch viele Menschen,
Das ist vielleicht noch gar nicht mal das, was so gemeint ist mit Objektifizierung.
Es gibt einen guten Artikel darüber, vielleicht können wir den auch in die Shownotes
packen, wo ein Mann mit Behinderung darüber schreibt.
Ich glaube, das war sogar im Weiß-Magazin. Und da geht es darum,
dass er das oft erlebt hat, dass Frauen oder Menschen, das muss ja nicht nur
Frauen betreffen, die Kontakt auch zu Männern suchen.
Also tatsächlich anregend finden, wenn jemand Hilfsmittel nutzt,
wenn jemand im Rollstuhl unterwegs ist und das auch zu beobachten.
Das ist also tatsächlich irgendwie eine anregende Sache, diese Hilflosigkeit
oder dieses vermeintliche Anderssein zu sehen und das auch zu brauchen.
Also es muss zum Beispiel ein Rollstuhl mit im Raum sein oder irgendwie das
Thema Pflege eine Rolle spielen, um das dann interessant und anregend zu finden.
Und nun gibt es Menschen mit Behinderung, die das natürlich nicht gut finden
und andere fügen sich so ein bisschen in diese Tatsache und sagen,
ja, bevor ich keine Kontakte habe, ich habe das mal ausprobiert,
wie das ist, mich darauf einzulassen.
Es gibt ja auch die Begrifflichkeit Amelot.
Also das sind Menschen, die zum Beispiel auf Betroffene mit Amputationen stehen müssen.
Und vor ganz vielen Jahren ist mal ein Fachmagazin auf mich zugekommen,
hat mich zu diesem Thema befragt und ich habe mich sehr viel damit auseinandergesetzt
und war erst mal sehr erzürnend, weil ich so dachte, wie gemein ist das denn?
Ich kann doch nicht Menschen mit Behinderung auswählen aufgrund einer Amputation.
Und diese Thematik ist tatsächlich auch so ein bisschen verurteilt,
weil ich den Menschen nicht im Ganzen sehe.
Also eine andere Sache ist, wenn man zusammen mit der Behinderung Dinge erlebt
und die Behinderung auch als attraktiv empfunden wird oder einfach eingebunden
wird in das gemeinsame Spiel.
So wie, das ist jetzt ein schlechter Vergleich, Aber es gibt ja immer Körpereigenschaften,
die man am anderen mag oder besonders attraktiv findet.
Aber es darf eben nicht diese einzige Eigenschaft sein.
Und dann fühlt man sich schon so ein bisschen runtergebrochen auf nur,
ich habe ein bestimmtes Augenbild und deswegen,
das macht den anderen an und deswegen hat er mich jetzt ausgewählt,
weil meine Augen vielleicht ein bisschen komisch gucken oder weil mein Fuß fehlt oder wie auch immer.
Aber wir haben jetzt, also ich habe jetzt aus meiner Sicht gesprochen,
dass oft das Thema gesagt wird, der sieht ja dann das Innere, der Blinde sozusagen.
Kann es denn sein, und das ist ja auch das, was man so im Phänomen Jung und
Alt sieht, es gibt natürlich die älteren Männer, die junge Frauen haben,
das ist ein diverser Grund.
Aber besser gesagt, das ist ja auch oft so, manchmal erlebe ich das auch in
der, ohne das jetzt klischeehaft zu sagen, aber von anderen Kontinenten, dass da eher so...
Jüngere Frauen sich mit älteren Männern umgeben, um eine gewisse Art von Begleitung,
Betreuung zu haben, sehe ich mal immer so.
Ich habe das schon ein paar Mal erlebt, dass dann Frauen 30,
40, einen älteren Mann geheiratet haben, 65, 70, wo ich mich die Frage stelle,
okay, was ist jetzt der Grund?
Dann merkt man, dass die da aufblühen in der Rolle der Pflegenden oder der Betreuenden oder so.
Das ist ja auch ein ganz interessantes Thema, warum vielleicht auch verschiedene
Paare in dieser Konstellation zusammenkommen.
Ich glaube, das ist ein wirklich interessanter Beweggrund. Und andersrum,
also wenn ich jetzt nicht in dieser Rolle aufgehe als Frau, bin ich dann vielleicht
der ältere Mann und gehe eben in der anderen Rolle auf.
Also in der gebenden oder behütenden oder betreuenden oder ich möchte.
Also ich kann mal so ein paar Beispiele auskramen, weil die es ganz plastisch
machen, was ich manchmal so für E-Mails bekomme oder so.
Da fällt mir jetzt wegen dieses Altersgefälles eine ein.
Manchmal schreiben so Leute, die sind sich durchaus auch der Tatsache bewusst,
damals habe ich noch beim Fernsehen gearbeitet, also sie wissen schon auch,
wer ich bin und dass ich so ein Beispiel vielleicht auch mal öffentlich machen
würde, mache ich jetzt an der Stelle nicht. Ich halte das anonym.
Aber das war ein alterer Herr, der war Professor, der war auch Buchautor.
Also das war niemand, den man nicht hätte auch googeln können.
Und der schrieb eine Mail, also er sehnte sich sehr nach einer blinden Frau
und hatte sich da jetzt nun eine ausgesucht.
Und er verspreche sich da auch mehr Anschmiegsamkeit. Also das waren auch so
die Vokabeln und mehr Dankbarkeit.
Das würde er auch aus anderen Kulturen kennen und brachte dann bestimmte Kulturen
ins Spiel. Zum Beispiel Asiatinnen, wo ich dachte, oh, es klingelten bei mir
die ganze Zeit die Alarmglocken, Able-Dismus, Rassismus, Frauenfeindlichkeit.
Da bin ich ein bisschen aware bei diesem Thema und habe eben das dann auch gespiegelt.
Also, weil das ist natürlich nicht das, was du als Frau mit Behinderung an Post
bekommen möchtest, zumal ich auch sehr offen kommuniziere, dass ich eine Partnerschaft habe.
Und hier habe ich so ein bisschen die Vermutung gehabt, das ist ein Mann,
der hat sehr tief ins Rotweinglas geschaut.
Der war wahrscheinlich auch ein bisschen verzweifelt, so in seiner Lage gerade
an einem bestimmten romantischen Abend, wo er so mit sich allein war.
Und er hatte sich jetzt eine Frau mit Behinderung rausgepickt und kam mit diesem
Anliegen. Das war noch relativ harmlos. Also da musste ich jetzt nichts weiter tun.
Ich nutze bei sowas auch immer noch mal sehende Faktenchecker wie meinen Partner,
die sich die Personen im Internet angucken.
Gibt es den wirklich? Ja, wie sieht der aus? Was ist das für einer?
Der hat dann auch nicht nochmal geschrieben, nachdem ich ihm so eine klare Position
auch nochmal geliefert habe.
Aber sowas würde man auch nicht machen. Also ich würde mir auch nicht wünschen,
dass solche Männer auf Blindenverbände zugehen und mit so einer hohen Ansage
eine blinde Frau gewinnen wollen.
Weil ich glaube, da gibt es andere Qualitäten. Blinde Frauen stehen mittlerweile anders im Leben.
Die haben Berufe gelernt, die sind selbstbestimmt, die haben Fragen ans Leben.
Und die sind nicht einzig nur dankbar, anschmiegsam und hilflos, oder?
Ja, also absolut bin ich völlig mit dir. Ich habe nur überlegt,
wie ich jetzt weiter einsteigen könnte. Also definitiv gibt es andere Qualitäten.
Zuerst mal bin ich ja so der Überzeugung, dass wir den Mensch sehen sollen und
der Mensch hat die Behinderung, es ist nicht die Behinderung.
Das gilt, glaube ich, auch in solchen Situationen. Die Frage ist,
sprechen wir da von vielen Menschen, die diese, Klammer auf,
Fetiche haben, Klammer zu.
Ich meine, es gibt ja auch noch andere Fetiche, die so in der Welt rumgeistern.
Sprechen wir da von vielen? Sind es Vereinzelte?
Es gibt ja auch Männer, die auf voluminöse Frauen stehen, schlanke Frauen,
die auf voluminöse Männer stehen und so. Es gibt ja so einige.
Warum haben wir hier in diesem Bereich, stelle ich jetzt mal ganz provokativ
die Frage an dich, warum sprechen wir hier eher davon, dass das ja nicht cool
ist und in anderen Hinsichten dann aber vielleicht cool ist?
Das ist eine berechtigte, ja, das ist gut.
Wir sprechen jetzt davon, wenn das stattfindet, sprechen wir von Ableismus.
Auf der anderen Seite, wenn Männer auf voluminöse Frauen stehen,
weil das sie anregt, warum ist das, Klammer auf, eher gesehen und okay,
Klammer zu, als wenn Männer vielleicht einfach auf eine blinde Frau stehen.
Die Argumentation, es gibt ja viele Argumente dahinter, Man müsste das natürlich
immer hinterfragen, weil nicht jeder, der auf einer Frau steht,
die blind ist, sieht da vielleicht die Blindheit auch, aber sieht dann.
Also ich bin da noch ein bisschen hinterhergerissen.
Vielleicht kannst du mich aber weiterbringen. Ja, vielleicht mit einem besseren
Beispiel, weil es immer so der Punkt der Einvernehmlichkeit sein muss,
wo auch die Selbstbestimmung des behinderten Menschen eine große Rolle spielt.
Deswegen unterscheidet man ja auch nochmal so in Crip-Kink und Disability-Kink.
So ein Kink ist ja so eine eigentlich gemeinsame Leidenschaft,
die man auch zusammenlebt bei so einem aufgesetzten Fetisch,
der von jemand anderem aufgezwungen wird, wo man selber aber gar keine Rolle
spielt, weil man den jetzt gar nicht mitlebt,
sondern man wird zum Objekt gemacht und wusste gar nichts davon.
Das ist, glaube ich, das Problem. Und das möchte jetzt auch kein Mensch in einer
anderen Situation zu einem anderen Thema.
Weil so unfreiwillig zum Objekt gemacht werden, ist immer nicht so schön.
Ich habe zum Beispiel, als ich noch beratend tätig war, ganz viele Anrufe gekriegt,
auch von blinden Menschen.
Und habe ja direkt in einer Einrichtung auch gearbeitet, wo Menschen mit zunehmender
Erblindung oder auch durch Unfälle rehabilitiert wurden und,
Manchmal haben auch Leute von außen angerufen und hatten Fragen zur Blindheit.
Und da hat sich ein Mann gemeldet, relativ junger Mann, und hat ganz viel gefragt über Blindheit.
Und ich habe ihm natürlich alles erzählt und hatte da kein komisches Gefühl,
weil das war für mich Alltag.
Und manchmal hat er so gesagt, ich würde ja gerne auch mal kommen zu Ihnen.
Und auch das fand ich noch nicht komisch. Er hatte mehrere Termine gemacht und
immer wieder habe ich gesagt, meine Kollegin würde sie dann abholen vom Bahnhof.
Und dann ist er aber nicht gekommen. Und so dachte ich, gut,
der hadert noch mit seiner Blindheit, der hat ja noch zu kämpfen,
wollte wirklich ganz viel wissen zum Essen, zum Trinken, zum Schlafen, zum Anziehen.
Wie machen Blinde das? Wie gehen die auf Arbeit?
Und irgendwann war ich dann schon gar nicht mehr in der Einrichtung,
hat er mich aber wiedergefunden, schrieb mir dann E-Mails.
Und dann wurden die aber so ein bisschen schärfer im Ton.
Ich muss sie unbedingt sehen. Ich möchte sie beobachten. Ich möchte wissen,
wie das aussieht, wenn sie essen, wenn sie sich anziehen.
Ich dachte so, Momentchen mal, er möchte mich beobachten.
Also da kannte ich auch noch nicht so dieses Phänomen, dass diese Fetischisten
immer ganz viel auch beobachten wollen, wie behinderte Menschen irgendwas machen.
Das ist mir im Nachhinein dann alles sehr bewusst geworden.
Und dann habe ich irgendwann mal gefragt, Entschuldigung,
Sind Sie überhaupt blind? Also ich habe den die ganze Zeit für einen blinden,
ratsuchenden Mann gehalten.
Und dann hat er gesagt, nö, ich bin nicht blind. Und da ist für mich irgendwie
ein Kartenhaus zusammengebrochen. Ich dachte, der hat dich jetzt jahrelang verarscht.
Und dann habe ich das alles natürlich auch in einem ganz anderen Licht gesehen.
Dann habe ich ihm geschrieben, das ist ein Missverständnis. Also ich berate
zur Blindheit. Ich habe auch eine Partnerschaft.
Es war ihm aber egal mit der Partnerschaft.
Jedes Mal, wenn ich dann ein Bild gepostet habe bei Facebook,
was ihm gefallen hat, das konnte im Wintermantel sein, dem hat einfach nur der
rote Lippenstift gefallen, kam wieder so eine sehr drängende Mail.
Ich möchte sie sehen. Ich komme nach Halle.
Dies und das. Und ich habe mich dann wirklich an eine Beratungsstelle gewandt,
weil ich dann Angst gekriegt habe.
So irgendwann. Und dann kam so der Rat, naja, einfach mal nichts mehr in den
sozialen Medien posten.
Das kann sogar gegen sie verwendet werden dann vor Gericht, wenn es da mal Probleme gibt.
Ich dachte, das kann nicht die Lösung sein. Ich mache Öffentlichkeitsarbeit,
ich bin Journalistin, Autorin. Schwierig.
Schwierig, ja, mich jetzt als Person da völlig rauszunehmen.
Ja, und das ist so die Stelle, die ich so meine.
Also ohne mein Wissen hat er mich objektifiziert, sexualisiert.
Ich kam mir wirklich beschmutzt vor. Und das ist auch ein großes Missverständnis.
Ich schreibe ja auch sehr viel zum Thema Sexualität und Behinderung.
Ich schreibe durchaus auch erotische Literatur, was aber nicht bedeutet,
dass man sich übergriffig mir gegenüber verhalten darf, grenzüberschreitend
und seine Spiele mit mir spielen darf,
ohne dass ich da aktiv eingewilligt habe in sowas.
Verstehst du, wie ich den Unterschied habe? Ja, ich finde es wieder,
also gut, jetzt sind wir Mann und Frau, das ist ja auch ein Unterschied, sicherlich.
Aber das sind schon Erlebnisse, wie ich ja auch manchmal feststelle,
auch mit Ebelismus da draußen oder wo viele Menschen in unserer Community auch
das Problem haben, dass sie sich übergangen fühlen oder nicht respektiert oder diskriminiert fühlen.
Ich stelle mir manchmal die Frage, entweder kriege ich das mich mit und ich
bin zu blind dafür oder meine Grenze ist etwas weiter erweitert.
Also diese Sachen, die du natürlich erlebt hast, habe ich nicht mitgekriegt,
Gott sei Dank. Das wäre ziemlich klar gewesen.
Aber ich stelle mir das insgesamt immer wieder, wenn ich die verschiedenen Geschichten
höre, dass Leute mit dem Stock aus dem Bus rausgezogen werden.
Wie so passiert es oder über die Straße geschubst werden oder was auch immer.
Da gibt es ja ganz wilde Storys, die Menschen in unserem Bekanntenkreis oder
in unserer Community erleben.
Und ich frage mich, bin ich da nicht genug unterwegs oder empfinde ich das nicht
so, da hinterfrage ich mich immer.
Oder warum erleben die anderen Menschen das so krass?
In deinem Fall ist es natürlich klar, also das war ja definitiv sogar,
geht das für mich in Richtung Belästigung und Stalking.
Aber ja, das ist sowieso ganz, ganz speziell, wo ich mich manchmal dann infrage
stelle, warum, also ich bin froh, dass ich das nicht erlebe,
aber warum ich das nicht so erlebe, wie die anderen Menschen das erleben.
Aber hier in diesem Fall kannst du ja nur...
Dich schützen, indem du so einen Menschen blockieren musst. Oder wie,
und natürlich ist es natürlich auch schwierig, deine Informationen,
die du im Internet hast, die nicht zu viel Preis geben kannst.
Ja, also ich habe auch gelernt, das habe ich wahrscheinlich auch genau falsch
gemacht, weil ich habe immer gedacht, ich muss reagieren, damit ich kontrollieren
kann, was passiert, damit der nicht wirklich irgendwann hier auftaucht.
Und ich kann ja nicht bei der Tür, mir wurde das ja dann auch geraten,
gucken sie immer durch einen Spion.
Das ist eine super Beratungsstelle.
Genau, das ist mir dann auch sehr aufgefallen, dass diese ganzen Beratungsstellen
für Frauen sehr sehend orientiert sind.
Ich habe viele andere Erfahrungen ja auch gemacht, so als sehbehindertes Mädchen
und so weiter, sowas kommt dann immer auch mit hoch und alles ist eigentlich
so orientiert auf sehen können.
Und deshalb konnte ich eigentlich nur eins mitnehmen, was sie mir da empfohlen
haben, also nicht reagieren.
Ich habe immer gedacht, wenn ich da so ganz klar kommuniziere.
Nee, das geht nicht, nee, das ist nicht, einfach wirklich gar nicht reagieren.
Weil jedes Zeichen, was von mir kommt, ist für solche Menschen eigentlich eine
Bestätigung, dass man so eine Art von Beziehung aufrechterhält.
Also, dass man eigentlich mit dem Menschen, mit dem Objekt der Begierde,
was auch immer man sich da für ein Ding in den Kopf gesetzt hat,
dass man ja eigentlich irgendwie was miteinander lebt.
Und das war nochmal wirklich, da ist mir ein Licht aufgegangen.
Das habe ich dann konsequent gelassen.
Ich habe nochmal ganz strikt geschrieben, was ich hier vermute und dann nicht mehr reagiert.
Und trotzdem ist eben immer so eine Angst im Hintergrund, weil das ist jetzt
nicht die einzige Situation.
Ich hatte es tatsächlich auch mal mit einer Person am Arbeitsplatz,
weil du Stalking angesprochen hast.
Und das war auch so eine ähnliche Geschichte. Also der tauchte dann immer einfach
vor mir auf. Ich wollte die Tür aufschließen, bumm, stand da schon jemand und
der hat mich auch beobachtet, hat mich dann immer angerufen.
Ich habe sie gesehen, ich habe sie beobachtet, sie haben das und das gemacht.
Und bis mein Kollege so einen Anruf mitbekommen hat und ich war so plötzlich
völlig versteinert und er hat gesagt, du...
Was du da gerade bekommen hast, das ist Stalking, was du da für einen Anruf
gerade bekommen hast, ist nicht normal und so.
Das muss man ja manchmal von außen gespiegelt bekommen und dann gab es dann
auch so eine Klingel an meiner Tür,
weil ich habe ja einen ganzen Bereich betreut, das waren so Dunkelerfahrungsräume,
die ich da betreut habe und da konnte sich natürlich auch mal schnell einer
von außen reinschleichen, wenn ich die ganze Anlage dort eingeschaltet habe
mit Akustik und Effekten, die wir da hatten. Und das hat er auch genutzt.
Deswegen, das überspielt sich alles
gut so im Alltag, aber in bestimmten Situationen, in so einer Minute,
der, weiß ich nicht, wo sich manchmal Ängste bündeln, denkt man,
boah, das ist gerade nochmal gut gegangen, das ist gerade nochmal gut gegangen
und manches ist eben auch nicht gut gegangen.
Und ich glaube schon, da gibt es ja auch wieder Statistiken dazu,
dass Frauen mit Behinderung überdurchschnittlich häufig Opfer von Gewalt sind,
von sexualisierter Gewalt.
Und ich möchte die Männer immer nicht so völlig rausnehmen, weil ich auch schon
Rückmeldungen von Männern bekommen habe, wenn ich dazu was schreibe,
die dann sagen, ja, nicht nur Frauen mit Behinderung erleben Gewalt,
ich habe auch Gewalt erlebt.
Also darum bin ich natürlich da auch sehr, sehr umsichtig. Ich arbeite nur überwiegend
natürlich mit Frauen und bin selber eine Frau.
Aber ich glaube schon, Sascha, was du da sagst, es stimmt wahrscheinlich schon,
dass Frauen häufiger von sowas betroffen sind. Das ist ja auch statistisch belegt.
Ja, aber wie können wir...
Diese Sachen, wie können wir da wieder dran gehen?
Das ist meine übliche Frage, du kennst ja mittlerweile, wenn so ein Phänomen auftauchen.
Das eine ist natürlich darüber zu sprechen, was wir hier in dieser Ausgabe tun.
Also wir holen es aus dieser sogenannten Tabu-Szene raus, dieser Tabu-Ecke,
wo keiner darüber spricht.
Aber wie können wir denn da auch wiederum stärken, dass man nicht zu Opfer fällt?
Und wann merke ich, bei dir war es jetzt offensichtlich, die zwei Fälle,
die du geschildert hast, die waren ja sehr deutlich.
Aber manchmal ist es gar nicht so deutlich. Manchmal schaffen die Gegenüber
das ja so zu verstecken, dass es dir eventuell erst dann auffällt,
wenn du das Gefühl hast, du bist schon in der Liebesfalle.
Wenn wir zu diesem Thema sind, da bist du schon verliebt und dann stellst du
fest, der interessiert sich gar nicht für mich als Mensch, sondern nur für meine
Blindheit oder meinen Rollstuhl oder was auch immer.
Wie kann man da aware of werden, diese Signale zu verstehen,
zu kennen, zu sehen, zu lesen? Ich meine, wir haben ja auch die Diskussion ganz oft im Internet.
Mittlerweile auf Facebook wird es ja auch von Leuten angeschrieben,
die das Blaue vom Himmel vorgurkeln und vorgaukeln und ihr Liebe und alles.
Und die Menschen sind ja so empfänglich für solche Geschichten.
Und gerade auch Menschen mit Behinderung, die sich ja nach Nähe suchen,
die oft aufgrund ihrer Behinderung auch bei Nähe ausgeklammert werden oder wo
Menschen ohne Behinderung Angst haben, diese Berührung, weil sie nur, Klammer auf,
manchmal Arbeit, Klammer zu, dahinter sehen, aber nicht den Menschen,
dahinter sind oder die Pflege oder was auch immer.
Ja, wie können wir da vorgehen, um da besser mit umgehen zu können in allen Hinsichten?
Ich weiß, ich habe jetzt mehrere Fässer aufgemacht miteinander,
aber vielleicht kannst du überall ein bisschen zapfen und was dazu mir sagen, was machen wir.
Ja, also ich finde trotzdem, was wir ja schon machen, ist der erste Schritt
immer wirklich, die Aufklärung.
Ich finde das auch gar nicht schlimm, wenn jemand sagt, das ist ein Thema,
damit bin ich nicht konfrontiert, deswegen muss ich darüber auch nichts wissen.
Ich bin immer total happy, Dinge zu lernen, weil ich ja nun gemerkt habe,
ich muss mich damit auseinandersetzen.
Und da finde ich es gut, auch wirklich viel zu wissen.
Das ist so für mich der erste Schritt. und dann zu gucken, was kann ich denn
für mich als Mensch mit Behinderung an Selbstbestimmung da rausholen.
Weil ich liebe das so, als jüngere Frau wollte ich mich da ganz stark emanzipieren
und immer sagen, wir sind kein sexuelles Neutrum, wir sind auch Menschen, die Liebe leben wollen.
Oft wurde uns ja so eher unterstellt, naja, die sind vielleicht irgendwie nicht
interessant für nichtbehinderte Menschen. Wir wollen ja durchaus interessant
sein, auch für nichtbehinderte Menschen.
Also alles soll ja durchaus auch in Vielfalt gelebt werden. Soll ja jetzt überhaupt
nicht heißen, dass jemand Angst haben muss, sich auf einen behinderten Menschen
einzulassen, wenn er ihn attraktiv findet.
Das soll ja durchaus sehr positiv gelebt werden, bloß eben einvernehmlich.
Und da hatte ich mal einen Anruf auch von einem jungen Mann.
Der hatte irgendein Buch von mir gelesen, wo es auch um Liebe,
Sex und Zärtlichkeit ging.
Keine Ahnung. und der ist da sehr akademisch reingegangen und hat mich deswegen
auch deshalb nicht verschreckt, weil der das auf einem guten Niveau gemacht
hat, was ich gar nicht übergriffig fand.
Der hat mir erzählt von einer Szene, in der er sich auch bewegt hat und hat
mich darüber aufgeklärt.
Er gehöre auch dazu. Es gäbe also Menschen, die durchaus behinderte Frauen oder
eben auch Männer anziehend fänden.
Er hatte sich da auf blinde Frauen orientiert und hat sich da viele Gedanken
drüber gemacht, wie man die blinde Frau möglichst nicht verletzen kann.
Also hat auch eine kennengelernt und wollte da nichts falsch machen.
Und da geht auch so ein bisschen der Weg hin.
Ich habe auch neulich einen Beitrag darüber gesehen. Da hat eine Frau in einer
Beratungsstelle, die im Rollstuhl unterwegs ist, einen Anruf erhalten,
auch von einem Menschen, der auf eine behinderte Person abfährt.
Wie kann man es denn so lösen, dass man vielleicht sogar zusammenkommt,
die behinderte Person auch einen Benefit davon hat, ohne dass sich jemand dabei schlecht fühlt.
Da kann ja sogar irgendwie für beide Seiten was dabei rumkommen.
Und er hat mir dann auch noch von der Szene erzählt, da muss ich auch erst mal
am Kopf klarkommen damit,
es gibt ja auch nichtbehinderte Menschen, die gern Behinderung simulieren,
sich verkleiden, zum Beispiel als blinde Person oder als amputierte Person,
die schnüren sich dann irgendein Bein hoch oder so und erleben das als reizvoll.
Und da habe ich auch erst sehr verurteilt und fand das nicht gut,
weil ich habe einen Text auch geschrieben in einem meiner Bücher,
der hieß Blind Simulation.
Eine der Personen, die diese Szene sehr groß gemacht haben, ist tatsächlich
dann auch mal verunglückt bei so einer Blind-Simulation. Und darum geht es auch in meinem Text.
Zu akzeptieren, ja, es gibt diese Kinks oder es gibt diese Fetische.
Das ist die eine Sache, auch als Mensch mit Behinderung, der sich da vielleicht
durchaus auch angegriffen fühlen kann.
Aber dann auch zu überlegen, wie kann ich ein selbstbestimmt und lustvoll als
Mensch mit Behinderung auch mit Themen umgehen, da vielleicht sogar noch einen
Gewinn davon haben. Das ist die andere Sache.
Und es gibt inzwischen auch Partys, wo sich Themen ganz gut treffen,
auch queere Kink-Partys, wo vielleicht auch Menschen ohne Behinderung eingeladen
sind, wo man sich auf Augenhöhe begegnet und gar nicht so diese übergriffige,
Ebene hat und ich finde es eigentlich gut, wenn man das Ganze ein bisschen lebenslustig
versucht zu betrachten und diese, wie soll ich sagen, kriminelle Komponente
versucht möglichst zu vermeiden.
Das klingt gut, wenn wir in die Richtung gehen. Aufklärung ist wichtig.
Und was wollen wir von unseren ZuhörerInnen hören, lesen, wissen?
Ja, mich würde natürlich wahnsinnig interessieren, wie da Erfahrungen sind.
Ich weiß, dass Behinderung und Sexualität manchmal in sehr konservativen Behindertenkreisen
gar nicht so gerne besprochen wird. Da ecke ich manchmal auch ein bisschen an.
Da möchte man dann lieber Erotik Schönheit nennen oder ganz andere Begriffe finden. Aber warum?
Also kann sein, dass es einige Mutige unter euch gibt, die sagen,
ich teile vielleicht auch gerne mal eine Erfahrung.
Ich habe da eine unschöne Erfahrung gemacht oder ich teile vielleicht auch eine gute Erfahrung.
Aber das ist so ein bisschen ein Thema, wo man vielleicht nicht so gerne drüber spricht.
Also das könnt ihr natürlich anonym machen. Und wenn das so eine Geschichte
ist, die in Richtung Gewalt oder Grenzüberschreitung geht,
da würde ich mir natürlich von den Hörenden wünschen zu erzählen,
das hatten wir ja schon mal,
gibt es denn überhaupt für euch irgendeine Art von Hilfe, Anlaufstelle,
eine Möglichkeit über Sachen zu reden, wenn ihr da einen Verdacht habt.
Also wenn ihr so merkt, der Typ ist irgendwie komisch oder die Typin,
hier spüre ich ein Machtgefälle, hier fühle ich mich als Objekt,
da habe ich bis jetzt eigentlich noch keine Worte dazu gehabt,
weil so ging es mir ja auch ganz lange.
Also ich habe verschiedene Erlebnisse gehabt und das hat sich für mich in keine Tüte stecken lassen.
Das bildete für mich erst irgendwie so ein großes Ganzes, als ich dann angefangen
habe, mich mit dem Thema zu befassen.
Und deswegen würde ich erstmal alles willkommen heißen, was Menschen assoziieren
mit dem Fass, was wir jetzt aufgemacht haben.
Sehr gut. Und ein wichtiger Hinweis. Ich glaube, Kolleginnen haben mir das erzählt.
Die waren ja in New York. Es gibt ja jedes Jahr auch die UNO-Konferenz im Sommer.
Und da ging auch um das Thema, ein Jahr ist es dann ein Jahr,
wenn es ein Ja ist und nicht, wenn es ein Schweigen ist und vor allem nichts,
wenn es ein Nein ist. Also ein Ja ist nur dann ein Ja, wenn es ein wirkliches Ja ist.
Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir das behalten und auch uns dann in
solchen Situationen versuchen damit zu äußern.
Und das ist in allen Hinsichten, ob mit oder ohne Beeinträchtigung,
ist das, glaube ich, ein wichtiger Aspekt, dass wir das immer in unserem Kopf behalten.
Erst dann, wenn ich Ja sage, ist es auch wirklich ein Ja.
Das stimmt. Das ist ein guter Punkt. Und auch da, denke ich,
gibt es manchmal Machtgefälle oder so Situationen,
wo Menschen oder Frauen mit Behinderung so reingenötigt werden und vielleicht
Ja sagen, weil sie wissen, wenn ich jetzt nicht Ja sage,
dann passiert mir was Schlimmes oder dann wird mir eine bestimmte Hilfe verwehrt.
Und dann spricht jemand vielleicht wieder wochenlang nicht mit mir oder ich
habe irgendwem Sanktionen zu fürchten.
Ich finde das einen ganz wichtigen Schritt mit diesem Jahr.
Sehe aber dahinter doch manchmal so schwierige soziale Verstrickungen,
dass sich damit auch nicht jede Straftat oder jede Übergriffigkeit verhindern lässt.
Das ist absolut klar, ja. Ja, ja.
Ein sehr schwieriges Thema, ein bisschen bedrückendes Thema,
aber ich glaube, es war wichtig, dass wir darüber gesprochen haben.
Liebe Zuhörer, gerne Feedback an uns. Ihr kennt unsere Kontakte und sie stehen
natürlich selbstverständlich auch nochmal in den Shownotes und Jenny wird mir
noch ein paar ganz spannende Links zur Verfügung stellen, die wir auch in den
Shownotes veröffentlichen werden.
Für jetzt, würde ich mal sagen, vielen Dank, liebe Jenny, für dieses Thema.
Und wir hören uns wieder ein letztes Mal dieses Jahr. Ein letztes Mal nur.
Und zwar hat das kalkuliert? 20. Dezember. Also so kurz vor Weihnachten hören wir uns wieder.
Ne, sogar 21. Dezember. Also 21. Dezember hören wir uns wieder.
Und dann zu unserer nächsten Ausgabe. Sonntag trifft Igel. Und bis dahin schön
den Weihnachtsbaum schmücken.
Oh ja, macht's gut, ihr Lieben. Wir freuen uns auf euch. Ciao, ciao.
Alle wichtigen Links gibt es wie immer in den Shownotes. Vielen Dank fürs Zuhören
und bis demnächst, euer Inklusator Sascha.
Für den Inklusator Sascha Lang bedeutet Inklusion, Inklusion ist ein Gesellschaftsprojekt.
Inklusion bedeutet, dass jeder Mensch ganz natürlich dazugehört.
Egal wie du aussiehst, welche Sprache du sprichst oder ob du eine Behinderung hast.
Inklusion heißt Teilhaben.
Wir möchten dich mit unserem Podcast dazu motivieren, bereits jetzt an der Gesellschaft teilzunehmen.
Denn nur so können Barrieren abgebaut werden.
Barrieren, die nicht nur im Alltag bestehen, sondern auch in den Köpfen.
Lasst uns diese gemeinsam abbauen.
Das war der Podcast Igel Inklusion ganz einfach leben mit eurem Inklusator.
IGL. Inklusion. Ganz einfach leben. Wird dir präsentiert von Inklusator.
Infos zum Inklusator und weitere Folgen findest du unter www.igelmedia.com,
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